Die Probe (German Edition) by Anderegg H. J
Autor:Anderegg, H. J. [Anderegg, H. J.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: createspace.com
veröffentlicht: 2009-06-29T22:00:00+00:00
Zum ersten Mal hatte Vidal ihre Bank betreten. Francesca saß mit ihm am Tisch des Verwaltungsratssaals, und das Meeting stand unter keinem guten Stern. Er machte einen abwesenden Eindruck, schien verärgert, noch bevor er Gelegenheit hatte, Michaels Bericht zu lesen. Der eher peinliche Auftritt ihres Chefs, der den sehr geschätzten Kunden im Namen der Partner unseres traditionsreichen Hauses begrüßte, trug auch nicht eben zur Verbesserung der Atmosphäre bei. Nachdem die Tür wieder hinter Dr. von Moos ins Schloss gefallen war, bot sie ihren ganzen Charme auf, die Stimmung zu verbessern. Sie berichtete, was sie von Lauren vernommen hatte, doch er schien nur mit halbem Ohr zuzuhören. Sie wollte schon das Thema wechseln, als er unvermittelt sagte, als spreche er zu sich selbst: »Da muss viel mehr dahinter stecken. Was ist mit der Probe?«
»Welche Probe?« Er schaute sie nachdenklich an und antwortete nur:
»Dr. Griffith versteckt etwas.« Als wollte sie ihn beruhigen, legte sie ihre Hand auf seine und antwortete mit entwaffnendem Lächeln:
»Ich werde dranbleiben, Louis.«
Jeden Anderen hätte sie mit dieser unverhofften Berührung zum Sklaven gemacht, nicht so Vidal in seiner derzeitigen Verfassung. Er sagte nur mit versteinerter Miene: »Tun Sie das«, und öffnete Michaels Bericht.
»Die Ausbeute ist ziemlich bescheiden«, brummte er nach einer Weile enttäuscht. Das hatte sie auch Michael vorgehalten, als er ihr den Report gab, daher war sie nicht um eine Antwort verlegen:
»Der Bewertungszeitpunkt liegt etwas ungünstig. Die Position wird wesentlich zulegen innerhalb der nächsten zehn Tage. Es sind wichtige Abschlüsse fällig.« Er rümpfte die Nase und meinte beinahe verächtlich:
»Ich hoffe, unser Finanzgenie hat sein Pulver noch nicht verschossen. Schauen wir uns die Sache in zwei Wochen nochmals an. Wenn sich die Zahlen bis dahin nicht verbessert haben, werde ich nach Alternativen suchen müssen.« Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Er wollte das Geld abziehen! Das musste man unter allen Umständen verhindern, nur hatte sie nicht den Hauch einer Vorstellung, wie sie das tun könnte, sollte Michael sie enttäuschen.
Er erhob sich. »Ich muss weiter. Bitte entschuldigen Sie mich.« Plötzlich erschien wieder der einnehmende, anziehende Ausdruck auf seinem Gesicht, den sie heute noch nicht gesehen hatte. »Ich bin manchmal ein richtiges Ekel, tut mir leid, Francesca.« Sie lächelte. Statt zu antworten, schenkte sie ihm einen bezaubernden Augenaufschlag, und der schien endlich zu wirken. Jedenfalls küsste er ihr galant die Hand und verabschiedete sich mit den Worten: »Ich werde es wiedergutmachen. Sie hören von mir, versprochen.«
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