Die Ehe der Ruth Gompertz - Roman by Persona Verlag

Die Ehe der Ruth Gompertz - Roman by Persona Verlag

Autor:Persona Verlag [Körber, Lilli]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-924652-64-7
veröffentlicht: 2014-11-16T16:00:00+00:00


Sechstes Kapitel

Nicht aufwachen – weiterschlafen … Nicht aufwachen – weiterschlafen … Nicht auf-wa-chen … also Frau Müller begreift nicht, dass es für sie, Ruth, keinen Sinn mehr hat, aufzustehen … die Müller’schen Schritte sind schwer, wie die des steinernen Gastes, der Don Juan in die Hölle holte … und auch sie, die gutmütige Müllern, bringt täglich, mit dem klirrenden Kaffeegeschirr, die Hölle, schwarz auf weiß … »erschossen – schwer verletzt – beurlaubt – verhaftet«. Oft nicht direkt ausgedrückt, oft muss man zwischen den Zeilen lesen … und heute Nacht? Was ist heute Nacht alles geschehen … dann noch die tägliche Ohrfeige, die sie in letzter Zeit zum Frühstück serviert bekommt: »Herr Ingenieur lässt sagen, dass er heute in der Stadt zu Mittag isst …«

Die Müller öffnet die Tür mit dem Ellenbogen, schiebt sich vorsichtig hinein, dass sie den Kaffee nicht verschüttet, sagt »’n Morjen, Frau Borchardt«, obschon sich Ruth schlafend stellt … es war ihr ja ein für alle Mal eingeschärft worden, keine Rücksicht zu nehmen, damals, es ist schon lange her, als Ruth es Friedrich dem Großen nachmachen wollte … ach, wie schwer ist der Kopf … ach, wie müde sie ist … wie müde … und gleich kommt das Entsetzliche: »Herr Ingenieur lässt sagen …«

Aber die Müller hat scheinbar vergessen, ihr Arnolds Morgengruß auszurichten, vielleicht sorgt sie sich um ihren Sohn, der Reichsbannermann ist … es werden in letzter Zeit immer wieder Reichsbannerleute von unbekannten Tätern erschlagen … und dann die gestrigen Wahlen … wie sollte ein Mensch an alles denken können … man muss der alten Frau nachhelfen …

»Hat mein Mann beim Weggehen nichts gesagt, Müllerchen?!«

»Doch … ja, denken Se, Frau Borchardt (die Alte strahlt), was für ’n Schrecken mir der junge Herr (so nannte die Müllern Arnold) eingejagt hat. Ick schmiere ihm die Schrippen, frage: ›Schmeckt’s, Herr Ingenieur?‹, und er schüttelt den Kopp, schaut mich so ernst an und sagt: ›Ja, wenn der Kaffee nur nicht so kalt wäre!‹ Een kalter Kaffee! Wo ick doch eben erst die Milch abjekocht hatte und das Kaffeewasser nur so bullerte! Da blieb mir einfach die Spucke wech! Und er lacht und lacht! Nee so was!« Die Müllern schüttelt den Kopf und lacht, breitet über Ruths Knie eine Serviette, schenkt vorsichtig ein, legt den Teller mit den gestrichenen Schrippen auf die Bettdecke. Und Ruth überlegt: Also war Arnold guter Laune. Warum nur? Wegen des Wahlausganges? Ach, so sehr liegt ihm nicht daran. Und er will nach Hause essen kommen, wahrscheinlich hat er etwas zu erzählen und hält es nicht aus. Sie muss es ihm leicht machen … zurückhaltend sein, aber so aussehen, dass er merkt, sie hat genug von dem Bösesein. Und trägt ihm auch nicht nach, dass er sie gestern den ganzen Tag allein ließ … das blaue Strickkleid, der Rock hat hinten einen Fleck, aber das merkt man nicht so. Und etwas Gutes kochen, etwas, was er gern hat. Etwas, was ihn an Wien erinnert, dann ist er immer strahlender Laune … »Müllerchen, können Sie ein Gulasch machen?



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