Die Chemie des Todes by Simon Beckett

Die Chemie des Todes by Simon Beckett

Autor:Simon Beckett [Beckett, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Serial murder investigation, Forensic scientists, Suspense fiction
ISBN: 9783805208116
Herausgeber: Wunderlich
veröffentlicht: 2006-11-14T23:00:00+00:00


KAPITEL 16

DIE NÄCHSTE WOCHE ging wie im Schwebezustand vorüber. Eine unterschwellige Spannung lag wie Ozon in der Luft, eine dumpfe Vorahnung, als wartete jeder darauf, dass etwas passierte.

Aber es passierte nichts.

Die allgemeine Stimmung glich der flachen und trostlosen Landschaft. Das Wetter blieb heiß und beispiellos, nicht eine Wolke zeigte sich am Horizont. Die Polizei ermittelte weiter, ohne die Spur eines Verdächtigen oder des Opfers zu finden, und auf den Straßen wurde es laut, da jedes Kind im Schulalter den Beginn der großen Sommerferien feierte. Ich kehrte zu meinen normalen Sprechstunden zurück. Wenn nun vielleicht mehr Patienten lieber zu Henry wollten oder diejenigen, die zu mir kamen, reservierter waren, tat ich so, als bemerkte ich es nicht. Das war jetzt mein Leben und Manham wohl oder übel mein Zuhause. Früher oder später würde auch diese Situation vorübergehen und eine gewisse Normalität zurückkehren.

Auf jeden Fall redete ich mir das ein.

In den folgenden Tagen traf ich Jenny regelmäßig. Eines Abends fuhren wir zum Essen in ein Restaurant nach Horning, wo die Tische weiß gedeckt waren und Kerzen brannten und die Weinkarte mehr bot als die Wahl zwischen rot und weiß. Es schien bereits so, als kennten wir uns seit Jahren und hätten uns nicht gerade erst angefreundet. Zum Teil lag das vielleicht an dem, was jeder von uns durchgemacht hatte. Wir hatte beide eine Seite des Lebens kennen gelernt, die für die meisten anderen Menschen eine fremde Welt war, und dabei erfahren, wie schmal die Linie war, die unseren Alltag von einer Tragödie trennte. Diese Erkenntnis verband uns wie eine Geheimsprache, die wir zwar selten verwendeten, die aber immer da war. Es war mir leicht gefallen, ihr meine Geschichte zu erzählen, von Kara und Alice und von der forensischen Arbeit, die ich für Mackenzie erledigt hatte. Sie hatte kommentarlos zugehört und nur kurz meine Hand berührt, als ich fertig war.

«Ich glaube, du hast das Richtige getan», sagte sie und ließ ihre Hand einen Moment auf meiner liegen, ehe sie sie schnell zurückzog. Und dann hatten wir ohne Verschämtheit oder Verlegenheit begonnen, über etwas anderes zu sprechen.

Erst auf dem Rückweg war die Stimmung angespannter geworden. Jenny zog sich, je näher wir Manham kamen, immer weiter in sich zurück. Die Unterhaltung, die erst mühelos dahingeflossen war, wurde zäher und versiegte dann ganz.

«Ist alles okay?», fragte ich, als ich vor ihrem Haus anhielt.

Sie nickte, doch zu schnell. «Ja. Gute Nacht», sagte sie hastig und öffnete die Wagentür. Aber sie zögerte, ehe sie ausstieg.

«Entschuldige, aber ich ... ich will einfach nichts überstürzen.»

Ich nickte benommen.

«Das soll nicht heißen, dass ... dass ich nicht will ...» Sie holte tief Luft. «Nur jetzt noch nicht, in Ordnung?» Sie schenkte mir ein unsicheres Lächeln. «Noch nicht.»

Bevor ich antworten konnte, hatte sie sich in den Wagen gebeugt und mir einen Kuss gegeben, eine flüchtige Berührung ihrer Lippen, ehe sie ins Haus eilte. Ich bekam keine Luft mehr und fühlte mich gleichzeitig beschwingt und schuldig.

Aber ihre Worte ließen mich auch aus einem anderen Grund nicht los. Noch nicht. Das war Linda Yates’ Antwort gewesen, als ich gefragt hatte, ob sie von Lyn geträumt hatte.



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