Die Abenteuer des Louis de Laval by Arthur Conan Doyle

Die Abenteuer des Louis de Laval by Arthur Conan Doyle

Autor:Arthur Conan Doyle [Doyle, Arthur Conan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783960271109
Herausgeber: Verlag 28 Eichen
veröffentlicht: 2016-07-13T16:00:00+00:00


Napoleon an der Arbeit

Von Menevals Zelt aus übersah man das ganze kaiserliche Hauptquartier. Der Kaiser mußte aber von rückwärts in seine Behausung getreten sein, oder wir hatten ihn im Eifer des Gespräches übersehen, denn ein Kapitän in dem grünen Rocke der Gardejäger trat ein und brachte die Botschaft, daß der Kaiser seinen Sekretär erwarte. Meneval wurde kreideweiß im Gesicht und sprang auf. Er konnte vor Aufregung kaum sprechen.

„Wäre ich doch früher hingegangen“, seufzte er. „Welch ein Unglück! Monsieur de Caulaincourt, Sie müssen für mich sprechen. Wo ist Hut und Degen? Kommen Sie, Monsieur de Laval, rasch, wir dürfen keinen Augenblick verlieren.“

Der Schrecken Menevals zeugte nicht minder als die Szene mit Admiral Bruix, der ich beigewohnt hatte, von der Macht, die Napoleon auf seine Umgebung ausübte. Nie fühlten sich seine Untergebenen vor einer Katastrophe sicher; heute ermutigte er sie, um sie morgen rüde zurückzustoßen. Aber trotz alledem dienten sie ihm treu und verehrten ihn wie einen Halbgott.

„Vielleicht soll ich warten“, sagte ich, als wir den Warteraum, der noch voll Menschen war, betraten.

„Nein, nein, ich bin für Sie verantwortlich. Kommen Sie nur mit hinein. Oh, ich hoffe, er zürnt mir nicht. Wie konnte ich ihn nur übersehen?“

Mein angsterfüllter Begleiter kratzte an der Tür, und diese öffnete sich augenblicklich. Roustem, der Mameluk, stand dahinter. Das Zimmer, in das wir eintraten, war von ansehnlicher Größe, aber äußerst einfach eingerichtet. Es war silbergrau tapeziert; in der Mitte der himmelblauen Decke prangte der kaiserliche Adler in Gold, einen Donnerkeil in den Krallen haltend. Trotz des warmen Wetters brannte helles Feuer im Kamin, und die heiße Atmosphäre des Raumes war mit Aloeduft geschwängert. In der Mitte des Zimmers stand ein grünbespannter Tisch, auf dem Briefe und aufgeblätterte Akten lagen; an einer Seite des Tisches war ein Schreibpult aufgerichtet; davor saß in einem grünen Lederstuhl der Kaiser und schnitzelte mit einem Federmesser an der hölzernen Armlehne seines Sessels herum. An den Wänden des Zimmers standen einige Offiziere, denen er keine Beachtung schenkte. Kopfschüttelnd blickte er den eintretenden Meneval an.

„Sie haben mich warten lassen, Monsieur de Meneval; das ist bei Ihrem Vorgänger Bourienne nie vorgekommen. Genug! Keine Entschuldigungen. Nehmen Sie den Befehl hier, den ich in Ihrer Abwesenheit selbst niedergeschrieben habe, und kopieren Sie ihn.“

Der arme Meneval ergriff das Papier mit zitternder Hand und ging damit an seinen kleinen, abseits stehenden Schreibtisch.

Napoleon erhob sich und rannte, die Hände auf dem Rücken, in leicht vorgeneigter Haltung, im Zimmer auf und ab. Auf seinen weißen Beinkleidern bemerkte ich einige breite Tintenstriche; offenbar hatte er sie als Federwischer benutzt.

Mich schien er überhaupt nicht zu bemerken.

„Nun also, de Meneval, sind Sie endlich fertig?“ rief er nach kurzer Zeit. „Wir haben noch anderes zu tun.“

Der Sekretär saß mit dunkelrotem Gesichte ratlos vor dem über und über mit Tinte beklecksten Konzepte.

„Ich bitte um Vergebung, Sire“, stammelte er, sich halb umwendend.

„Was gibt’s?“

„Ich bitte um Vergebung, Sire, die Schrift ist etwas schwer zu lesen.“

„Sie sehen doch, worauf sich der Befehl bezieht.“

„Jawohl, Sire, auf die Fourage für die Kavalleriepferde.“

Napoleon lächelte beinahe spitzbübisch.

„Sie erinnern mich an Cambacères, de Meneval.



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