Der Idiot by Dostojewskij Fjodor M

Der Idiot by Dostojewskij Fjodor M

Autor:Dostojewskij, Fjodor M. [Dostojewskij, Fjodor]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-10-401878-2
veröffentlicht: 2013-11-10T00:00:00+00:00


»Was für ein Durcheinander!« meinte Lisaweta Prokofjewna und warf das Blatt hin, »es lohnt sich nicht, es zu lesen. Warum grinst du?«

»Geben Sie doch zu, daß Sie ihn mit einem angenehmen Gefühl gelesen haben.«

»Wie? Dieses von Eitelkeit zerfressene Kauderwelsch! Siehst du denn nicht, daß sie alle vor Eitelkeit und Hochmut den Verstand verloren haben?«

»Ja, aber er hat doch seinen Fehler eingesehen und mit Doktorenko gebrochen, und je eitler er ist, um so teurer kommt ihn seine Eitelkeit zu stehen. Oh, Lisaweta Prokofjewna, was sind Sie doch für ein Kind!«

»Hast du es zum Schluß noch auf eine Ohrfeige von mir abgesehen?«

»Nein, ich habe es nicht darauf abgesehen. Weil Sie sich über diesen Brief freuen, aber Ihre Freude verbergen. Warum schämen Sie sich Ihrer Gefühle? Das tun Sie ja immer.«

»Untersteh dich, künftig über meine Schwelle zu treten!«

Lisaweta Prokofjewna, bleich vor Zorn, sprang auf. »Nach dem heutigen Tag will ich von dir in meinem Haus nie mehr etwas sehen und hören!«

»Und nach drei Tagen werden Sie selbst kommen und mich holen … Schämen Sie sich denn nicht? … Das sind doch Ihre besten Gefühle! Warum empfinden Sie sie als peinlich? Sie quälen sich doch nur selbst.«

»Und sollte es mein Tod sein – ich werde dich niemals mehr holen! Deinen Namen werde ich vergessen! Ich habe ihn schon vergessen!!«

Sie stürzte davon.

»Man hat mir ohnehin schon verboten, Sie zu besuchen«, rief ihr der Fürst nach.

»Wa-as? Wer hat dir das verboten?«

Sie drehte sich augenblicklich um, wie von einer Nadel gestochen. Der Fürst zögerte mit der Antwort; er fühlte, daß er sich unversehens, aber entscheidend verraten hatte.

»Wer verbietet dir das?« rief Lisaweta außer sich.

»Aglaja Iwanowna verbietet es …«

»Wann? Rede!!!«

»Heute früh hat sie geschickt, daß ich Sie nie mehr besuchen darf.«

Lisaweta Prokofjewna stand wie versteinert, aber sie überlegte.

»Was hat sie geschickt? Wen hat sie geschickt? Den Bengel? Mündlich?« rief sie plötzlich.

»Ich habe einen Brief bekommen«, sagte der Fürst.

»Wo? Gib her! Sofort!«

Der Fürst überlegte fast eine Minute, zog dann aus der Westentasche ein unordentlich abgerissenes Stück Papier, auf dem zu lesen war:

»Fürst Lew Nikolajewitsch! Wenn Sie nach allem Vorgefallenen die Absicht haben sollten, mich durch einen Besuch in unserer Datscha zu überraschen, so seien Sie versichert, daß Sie mich unter der Zahl der Erfreuten vergeblich suchen würden.

Aglaja Jepantschina.«



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