Der Fall Deruga by Ricarda Octavia Huch

Der Fall Deruga by Ricarda Octavia Huch

Autor:Ricarda Octavia Huch [Huch, Ricarda Octavia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Detective and mystery stories, German, München (Munich, Bavaria, Germany) -- Fiction
veröffentlicht: 2005-11-27T00:00:00+00:00


* * *

VIII.

»Das war schön von Ihnen, daß Sie die Kaution für mich hinterlegt haben,« sagte Deruga zu Peter Hase, indem er ihm die Hand reichte. »Ganz wie Sie, Gentleman durch und durch. Ich bin Ihr ergebener Diener.«

Ein Anflug von Röte färbte das blasse Gesicht des Schriftstellers.

»Man hatte mir fest versprochen, daß mein Name nicht genannt werden sollte,« sagte er, die Augenbrauen zusammenziehend. »Ich verstehe nicht, wie man davon abgehen konnte.«

Deruga lachte.

»Ich habe Ihnen nur eine Falle gestellt, und Sie sind hineingegangen,« sagte er. »Also Sie sind es wirklich. Geben Sie zu, daß ich ein Menschenkenner bin! Wenn ich stillsitzen könnte wie ihr Deutschen, wäre ich vielleicht auch ein Dichter.«

»Ein besserer als ich,« sagte Peter Hase ernsthaft. »Sie verstehen es jedenfalls besser, Ihr Leben zu dichten.«

»Das fällt bei Ihnen wohl eher trocken aus,« meinte Deruga. »Gesellschaftslöwe, reiche Frau, Liebling des Publikums, Geheimrat, etwa noch der persönliche Adel. Etwas schematisch, aber doch ganz behaglich. Wie? Immer in einer so leicht parfümierten Atmosphäre.«

»Ich möchte den Abend mit Ihnen zubringen,« sagte Peter Hase ablenkend. »Wenn Sie nichts Besseres vorhaben?«

»Das wäre Bett und Schlaf,« sagte Deruga. »Beides wundervoll, aber ich kann es immer haben, Sie dagegen vielleicht nur heute. Machen Sie mit, Justizrat?« wendete er sich an seinen Anwalt.

Dieser sagte, er müsse sich nach seiner Familie umsehen, ein halbes Stündchen habe er aber noch Zeit. Er freue sich, sagte er, als sie in dem abgeseilten Raum einer Restauration beim Essen saßen, Peter Hase kennenzulernen. Er sei zwar nur ein einfältiger Fachmensch, habe keine Zeit für die schöne Literatur übrig, doch sei der Ruf von Hases Namen zu ihm gedrungen. In seiner Jugend habe er sich für einen Kenner und Feinschmecker in den Künsten gehalten, das sei aber wohl jugendliche Selbstüberhebung gewesen.

»Das glaube ich auch,« sagte Deruga. »Ein feines Beefsteak, etwas blutig, am Rost gebraten, darauf verstehen Sie sich besser.«

Der Justizrat lächelte gutmütig. »Nun ja,« sagte er, »das zu studieren hat man auch täglich Gelegenheit, ein gutes Buch ist selten. Und wissen Sie, wahre Geschichten, die würde ich lesen. Dabei kann man etwas lernen. Aber mich von fremder Leute Phantasien an der Nase führen zu lassen, dazu ist mir meine Zeit zu kostbar.«

»Das Leben ist leider im allgemeinen alltäglich und fade,« sagte Peter Hase, »und die Dichtung soll ein schöner, bunter Teppich sein.«

»Ja,« sagte Deruga, »ein purpurnes Meer voller Ungeheuer, Wunder, Kostbarkeiten und Seltenheiten. Grün wie Glas, süß wie Opal, schwarz wie Sturm, unerschöpflich, unergründlich, immer von zauberhaften Geburten gärend und gefräßig nach allem Lebendigen. Aber gerade so ist doch das Leben.«

Peter Hase betrachtete Deruga aufmerksam, in dessen schmalen Augen sich die Vorstellungen zu spiegeln schienen. »Sie sind eben ein Dichter dem Gefühle nach,« sagte er. »Ihr Gefühl macht es so.«

»Und im Grunde ist es alles derselbe gemeine Straßendreck,« sagte Deruga in verändertem Ton.

»Nun, da gehen Sie wieder zu weit,« sagte der Justizrat. »Betrachten wir einmal unseren Prozeß! Sie sind mir gerade originell genug, und die Baronin Truschkowitz ist jedenfalls auch keine gewöhnliche Nummer.«

»Ich hasse diese Art Weiber,« fiel Deruga schnell ein. »Selbstsüchtig, habsüchtig, beschränkt, kalt und ewig nach neuen Sensationen lüstern.



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