Bauern, Bonzen und Bomben by Hans Fallada

Bauern, Bonzen und Bomben by Hans Fallada

Autor:Hans Fallada [Hans Fallada]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2011-11-30T23:00:00+00:00


4

»Sag mal, willst du heute gar kein Mittag machen?« fragt Wenk den Tredup, der ziellos und zerfahren in den Räumen der »Chronik« umherstreicht.

»Ich warte auf Stuff, ich muß ihn noch sprechen.«

»Stuff ist doch heute auf dem Schöffengericht. Der kommt doch nicht vor vier.«

»Dann ruft er mich noch an. Er weiß, daß ich warte«, lügt Tredup und streicht wieder ab, durch die Redaktion in die Setzerei, in den Maschinensaal, wo aus der Rotationspresse die ersten Exemplare der neuesten »Chronik« kommen.

Er fischt sich ein Blatt, noch eines für Wenk und taucht wieder in der Expedition auf.

»Da. Das Neueste.«

Aber er hat keine Ruhe zum Lesen und fragt Wenk über die Zeitung fort: »Du, sag mal, Wenk, was steht eigentlich auf unserer Bescheinigung? Siebentausend oder siebentausendzweihundert?«

»Siebentausendeinhundertsechzig. Warum willst du das denn wissen?«

»Ach, der Fritze aus dem Warenhaus wollte eine Beilage machen und darum die ganz genaue Zahl. Du bist doch sicher?«

»Siebentausendeinhundertsechzig. Das weiß ich genau.«

Pause. Wenk liest eifrig. Tredup zergrübelt sein Hirn. Er schielt nach dem Geldschrank, an dem die Schlüssel stecken, in dem die Bescheinigung liegt, fünf Schritte ab, unerreichbar. Und der Bürgermeister wartet.

»Eigentlich ist es doch eine verdammt mulmige Sache mit so ’ner Bescheinigung. Eigentlich ist es doch direkter Schwindel, Wenk. Hat der Gebhardt denn gesagt, daß wir sie noch weiter benutzen sollen?«

»Gewiß hat er das gesagt.«

»War da jemand bei, als er das gesagt hat?«

»Nein.«

»Und du glaubst, wenn es mal rauskommt, daß es Schwindel ist, und du oder ich, wir stehen vor Gericht, er hebt den Finger hoch und schwört, daß er uns den Auftrag gegeben hat?«

»Wie soll denn das rauskommen? Außerdem haben wir ziemlich siebentausend.«

»Na, na. Das Zählwerk an der Rotationsmaschine zeigt ganz was anderes.«

»Quatsch nicht. Das Zählwerk ist schon seit einem halben Jahr kaputt.«

»Aber der Papierverbrauch? Danach kann man doch nachrechnen, wie groß unsere Auflage ist?«

»Wer soll denn unsern Papierverbrauch nachrechnen? Das kann ich ja nicht mal. Der Maschinenmeister sagt, wenn die letzte Rolle drankommt, und dann bestell ich wieder.«

»Aber mit den Beilagen! Wenn wir nun irgendeinen Prospekt beizulegen haben und der schickt uns siebentausendzweihundert, wo bleibt dann der Rest?«

»Dann haben wir billige Heizung für den Bleiofen. Und nun laß mich endlich meine Zeitung in Ruhe lesen.«

»Aber das ist doch direkter Beschiß!«

»Natürlich ist es das. Du hast freilich noch niemanden beschissen. Also reg dich bitte auf.«

Stille. Tredup nimmt seine Wanderung wieder auf, kommt in die Setzerei, wieder zurück, bleibt bei Wenk stehen.

»Hast du eigentlich schon gehört, daß die ›Chronik‹ eingehen soll?«

»Unsinn, das müßte ich wissen.«

»Daß wir alle abgebaut werden sollen?«

»Quatsch. Gebhardt hätte sich grade die Kosten gemacht, das Blatt zu kaufen, wenn er’s gleich eingehen lassen will.«

»Aber er ist die Konkurrenz los.«

»Wenn er die ›Chronik‹ eingehen läßt, kommt ein anderer und macht ein neues Blättel auf. Dann hat er eine frische Konkurrenz auf der Nase.«

»Ob der Gebhardt das Blatt nach der Bescheinigung gekauft hat, oder ob er den richtigen Abonnentenstand kannte?«

»Das frag ihn man.« Und Wenk blättert seine Zeitung um.

»Ich glaube, du hast auch gar nicht die richtige Bescheinigung hier. Unsere hier ist eine Abschrift ohne Unterschrift.«

Wenk haut auf den Tisch.



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