Autobus auf Seitenwegen by Steinbeck John

Autobus auf Seitenwegen by Steinbeck John

Autor:Steinbeck, John [Steinbeck, John]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


10. Kapitel

Der San Ysidro fließt durch das San-Juan-Tal und dreht sich und windet sich, bis er sich schließlich im Schutze von Bat Point träge in die Black-Rock-Bay ergießt. Das Tal selbst ist lang und nicht breit, und da der San-Ysidro-Fluß nicht sehr weit zu laufen hat, nützt er die kurze Strecke aus, indem er sich von einer Seite des schmalen Tals zur andern schlängelt. Hier beißt er sich zu Füßen eines Berges unter einer Klippe durch, dort wieder breitet er sich dünn und seicht über Sandbänke. Einen Großteil des Jahres sieht man an der Oberfläche überhaupt kein Wasser, und das sandige Bett ist von Weiden überwuchert, die mit ihren Wurzeln nach Grundwasser suchen.

Kaninchen und Waschbären und kleine Füchse und Präriehunde lassen sich, wenn das Wasser tief steht, zwischen den Weiden im Flußbett häuslich nieder. Oben im Tal gegen Norden und gegen Osten steigt der Fluß, aber nicht als ein einziger dicker Strang, sondern in vielen kleinen Ästen und Zweigen, so daß die Quelle auf einer Landkarte aussieht wie ein Baum mit vielen unbelaubten Ästchen. Die dürren, steinigen Hügelrücken mit Gießbachbetten und Schluchten speisen den Fluß das ganze Jahr über nicht mit einem Tropfen Wasser, aber wenn spät im Winter oder im Frühling der Regen fällt, dann saugen die felsigen Hügelrücken ein wenig davon auf, und alles übrige ergießt sich in schwarzen Sturzbächen in die kleinen Ströme, die aus den Spalten quellen, und diese Strömchen vereinigen sich und ergießen sich in breitere Gewässer, und diese Gewässer wieder fließen dann unten am Nordende des Tales zusammen.

So kommt es, daß spät im Frühjahr, wenn die Hügel soviel Wasser aufgesogen haben wie sie können, ein starkes Gewitter den San-Ysidro-Fluß binnen weniger Stunden in einen reißenden Strom zu verwandeln vermag. Dann nagt das schäumende, gelbe Wasser an den Ufern, und große Brocken guten Ackerlandes stürzen in den Fluß. Und tote Kühe und Schafe wälzen sich und wirbeln durch die Flut. Es ist ein heimtückischer, völlig unverläßlicher Fluß: tot oder todbringend, je nach der Jahreszeit.

In der Mitte des Tales, das Rebel Corners und San Juan de la Cruz in gerader Linie verbindet, bildet der Fluß eine große Schlinge, die sich von einer Seite des flachen Tales zur andern breitet, im Osten gegen die Berge stößt und sich wieder wegwendet, um Wiesen und Ackerland zu durchqueren. In alter Zeit folgte die Straße der Windung des Flusses und kletterte am Hügelabhang hoch, um ein Kreuzen zu vermeiden. Aber dann kamen Ingenieure, und mit ihnen Stahl und Beton, und zwei Brücken wurden über den Fluß geschlagen, die von dem verspielten Lauf des San Ysidro zwölf Meilen abschnitten.

Es waren von Stahlgerüsten gestützte Holzbrücken, und beide wurden in der Mitte und an den Enden von Betonpfeilern getragen. Das Holz war rot gestrichen, und die Eisenteile waren dunkel von Rost. Am Flußufer oberhalb beider Brücken lenkten Holzstöße und dichtes Weidengeflecht das Wasser ab, um eine Unterspülung der Brückenköpfe durch die reißende Strömung zu verhüten.

Die Brücken waren nicht sehr alt, aber sie waren zu einer Zeit gebaut worden, wo die Steuern nicht nur niedrig waren, sondern zum großen Teil uneintreibbar wegen der sogenannten „schweren Zeiten“.



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