Auch die Waschmaschine ist nur ein Mensch by Ephraim Kishon

Auch die Waschmaschine ist nur ein Mensch by Ephraim Kishon

Autor:Ephraim Kishon
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-12-14T22:19:40+00:00


Die vollautomatische Seuche

Als ich noch ein kleiner Junge war, da gab es nichts auf der ganzen Welt, das ich lieber getan hätte als fotografieren. Aber leider hatte ich keine Kamera, denn sie war noch nicht erfunden worden. Oder doch, irgend etwas gab es schon, eine Art von schwarzem Schuhkarton, aus dem man eine Ziehharmonika hervorholen konnte. Gefüttert wurde das Unding nicht mit Film, sondern mit irgendwelchen Glasplatten, die die unangenehme Neigung hatten zu zerbrechen, bevor man noch ein Bild daraus machen konnte. Der Akt des Fotografierens stellte hohe geistige Anforderungen an den Lichtbildner. Er mußte immer kurz vor dem Knipsen in sprühende Laune ausbrechen:

»Alles herschauen, gleich kommt da ein Vögelchen heraus!«

Aus unerfindlichen Gründen konnte man mit solchen Aussprüchen Menschen zum Lachen bringen. Danach allerdings mußte der Fotograf bis zehn zählen, was zur Folge hatte, daß das Lachen vollkommen einfror. In dieser eben geschilderten Steinzeit der Lichtbildkunst pflegte man diesen schwarzen Schuhkarton noch nicht Kamera zu nennen, sondern »Box«, wenn er aus Deutschland, und »Kodak«, wenn er aus Amerika kam. Was die Japaner betrifft, so waren sie in jenen goldenen Tagen noch mit dem Fischen von Fischen präokkupiert.

Besagte Japaner fischen noch immer. Nur heutzutage verwenden sie Kameras als Köder, und die Beute sind wir. Ich selbst wurde vor gar nicht so langer Zeit geangelt, als mein Auge auf ein farbenprächtiges Inserat fiel:

»Ab jetzt können Sie mit geschlossenen Augen knipsen! Endlich ist sie da! Eine vollautomatische Kamera, die für Sie denkt!«

Na also, dachte ich mir. Ich falle nämlich prinzipiell auf alles herein, was automatisch ist, weil ich von Natur aus faul bin. Außerdem hatte ich immer schon eine Abneigung gegen das Denken, denn es macht mich müde. Kurz, ich ging hin und kaufte das kleine Wunderding mit geschlossenen Augen. Sehr bald entdeckte ich, daß meine neue Kamera einen abnormal hohen Intelligenzquotienten besaß. Sie konnte das Licht messen und die Blende verstellen, sie konnte ebenso perfekt die Entfernung einstellen und den Film weiterspulen, automatisch Motive finden und losknipsen, ohne mich um Erlaubnis zu fragen. Das Ding hatte etliche Mikroprozessoren in seinem Bauch, womit eigentlich alles erklärt wäre, unter anderem auch, warum es mir ständig ein Minderwertigkeitsgefühl vermittelte.

Ich hegte immer noch eine stille Hoffnung, daß mir mein kleiner Alleswisser wenigstens gestatten würde, den Auslöser zu betätigen, wie ich es von meinen alten Modellen gewohnt war. Doch es stellte sich heraus, daß auf meine diesbezüglichen Gelüste keine Rücksicht genommen wurde. Kein Auslöser war zu betätigen, es gab nichts zu knipsen. Meine einzige Aufgabe bestand darin, mit irgendeiner Fingerspitze an einem roten Sensor anzukommen, und mein japanischer Kamerad besorgte den Rest.

*

»Manchmal frage ich mich wirklich, wozu ich noch da bin«, teilte ich der besten Ehefrau von allen mit, während ich von ihr in der Küche einige beiläufige Schnappschüsse machte. »Ich komme mir so blöd vor wie ein werdender Vater während der Geburtswehen seiner Frau.«

»Das bist du auch«, sagt die beste Ehefrau von allen.

»Ich habe dir schon einige Male gesagt, daß ich keine Fotos von mir beim Geschirrspülen brauche, und schon gar nicht sechs Dutzend. Also schau, daß du rauskommst.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.