Alles Bio! Alles Mist? by Lutz Niemczik

Alles Bio! Alles Mist? by Lutz Niemczik

Autor:Lutz Niemczik [Niemczik, Lutz]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Das Neue Berlin
veröffentlicht: 2015-07-08T22:00:00+00:00


Welchen Schaden verursachen Pflanzenschutzmittel bei den Bienen?

Zum Konflikt zwischen den Imkern und dem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel seien noch ein paar Gedanken nachgereicht. Ich kenne beide Seiten aus eigenem Erleben, hatte bislang an verschiedenster Stelle mit dem chemischen Pflanzenschutz zu tun und bin seit vielen Jahren Hobbyimker. Auch ich betrachte die an meinen Bienenstöcken vorüberfahrenden Feldspritzen mit gewissem Argwohn, weiß aber gleichzeitig, dass ein zentrales Thema bei den inzwischen jährlich notwendigen Schulungen zum Erwerb des Sachkundenachweises im Pflanzenschutz die Sicherheit der Bienen ist. Viele der großen Betriebe speziell im Osten Deutschlands haben Angestellte, die sich hauptamtlich und fast ausschließlich mit dem Pflanzenschutz beschäftigen.

Die Schäden an Bienenvölkern, die durch den unsachgemäßen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verursacht werden, sind inzwischen verschwindend gering. Unabhängige Institute beziffern diese Verluste in den letzten Jahren auf 2,5 bis 3 Prozent. Über 95 Prozent der Völkerverluste werden auf den Einfluss der Varroamilbe zurückgeführt. Damit ist das Hauptproblem des Bienensterbens ein Problem der Imkerei selbst und nicht des vielgescholtenen Chemieeinsatzes in der Landwirtschaft. Diese Untersuchungen decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen. Das Wehklagen der Imker ist trotzdem allzu menschlich. Wer gibt schon gern einen eigenen Fehler zu? Da ist es leichter, auf den zu zeigen und zu schimpfen, der sowieso schon am Pranger steht.

Die Imker ihrerseits gerieten in letzter Zeit selbst in die Kritik, da in einigen Honigsorten Pyrrolizidinalkaloide nachgewiesen worden waren. Dieser Wirkstoff kann Leberschäden hervorrufen. Wie konnte diese Substanz in den Honig gelangen? Die Antwort bietet den Imkern nur bedingt Schutz vor Kritik. Die Bienen schleppen die Alkaloide über den Nektar des Jakobskreuzkrautes, auch Greiskraut genannt, in die Waben. Dieses Kraut ist in den letzten Jahren in der Ausbreitung begriffen. Dabei sind nicht unbedingt die Äcker das Hauptverbreitungsgebiet, sondern Straßenränder und wenig betretene oder befahrene Plätze. Dieser Art der Kontamination des Honigs ist durch den Imker nur bedingt entgegenzuwirken. Natürlich sollte er seine Völker möglichst an Plätzen aufstellen, auf denen bekanntermaßen kein Greiskraut wächst. Doch die Bienen finden selbst die verstecktesten Blüten, insbesondere dann, wenn die Tracht knapp zu werden beginnt. Und genau das ist in der Blütezeit des Jakobskreuzkrautes oftmals der Fall.

Zur Ehrenrettung der heimischen Imkergilde muss erwähnt werden, dass nicht die deutschen Honige das Hauptproblem darstellen, sondern südamerikanische und asiatische Sorten. Zudem wiesen die Proben deutscher Blütenhonige nur äußerst geringe Konzentrationen der gefährlichen Alkaloide auf. Zum Erreichen toxischer Wirkungen müsste man also sehr große Mengen Honigs verzehren. Wer dennoch Angst vor einer schleichenden Vergiftung hat, braucht deshalb nicht ganz auf den Genuss von Honig zu verzichten. Es reicht aus, regelmäßig die Sorte zu wechseln. Auf diese Weise lernt man die unglaubliche Vielfalt auch deutscher Honige besser kennen.

Hier sieht man einmal mehr, dass es nicht einfach ist, sich vor allen Gefahren zu schützen. Die Natur hält noch einiges an Giften parat, von denen wir zurzeit nichts ahnen oder die gänzlich unerforscht sind.

Die aufgeführten Beispiele zeigen die Entwicklung auf, die sich seit den Anfängen des chemischen Pflanzenschutzes vollzogen hat. Sie trägt mehr und mehr das notwendige Vorzeichen der Effektivitätssteigerung innerhalb der Landwirtschaft. Dabei darf nicht immer nur einseitig die ökonomische Effektivität der landwirtschaftlichen Unternehmen gesehen werden.



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