Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte by Barbara Dribbusch

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte by Barbara Dribbusch

Autor:Barbara Dribbusch
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2012-02-02T05:00:00+00:00


Frauenfreundschaften: Mädels, kappt die Müllkette!

Britt hat ihre eigenen Theorien zur Frage, wo Frauen in späten Jahren Romantik, Liebe und Zuspruch bekommen: »Freundinnen sind der Trost des Alters«, verkündete sie neulich. »So wie gutes Essen der Sex des Alters ist, gewissermaßen.« Britt schmeißt manchmal Dinge in einen Topf, dass einem die Haare zu Berge stehen. Oft ist aber was dran.

An einem ganz normalen Wochentag brachte mir Britt mal einen Strauß gelber Rosen mit, die ich gleich in eine Vase drapierte. »Frauen sollten sich mehr Blumen schenken«, behauptete sie. Ich stellte später zwar fest, dass die Rosen ein Sonderangebot aus dem Blumenladen bei mir um die Ecke waren, aber egal. Britt würde mir jedenfalls nie Rosen von der Tankstelle schenken. Sie hat Stil.

Frauenfreundschaften in den späten Jahren sind ein großes Thema. Die evangelische Ex-Kirchenchefin Margot Käßmann widmete sogar ihren Bestseller »In der Mitte des Lebens« ihren Freundinnen. Damals war sie schon getrennt von ihrem Mann. Und in einem Buch über die Generation der über 60-Jährigen, dessen Autorin mir entfallen ist, las ich kürzlich, dass es im hohen Alter für Frauen am schlimmsten ist, wenn die engsten Freundinnen sterben. Da steht man dann am Grab …

Suse reißt mich aus meinen Gedanken: »Doris hat nun mal eine furchtbare Mutterbeziehung gehabt. Doppelbödig. Unterschwellig aggressiv. So was wird man nicht mehr los im Leben. Kein Wunder, dass Doris immer wieder in Mobbingsituationen gerät. Schon mit ihrer Kollegin in der Praxis gab es Stress. Und jetzt wieder in ihrem Job im Krankenhaus mit dieser Ärztin. Typisch Doris. Sie kommt vom Regen in die Traufe. Ich kann dir nur sagen: Mobbing unter Frauen! Der Albtraum.«

Wir sitzen an einem Sommerabend in einem neu eröffneten Biergarten an der Spree, die Sonne steht glutrot über der Häuserkette im Westen. Ich habe trotzdem meine warme Fleecejacke mit, denn man weiß ja nie. Es ist einige Wochen her, seit ich Suse das letzte Mal getroffen habe. Und eigentlich habe ich keine große Lust, heute Abend über ihre Freundin Doris zu sprechen. Aber ich muss gar nichts sagen, ich muss nur zuhören. Was praktisch ist an Frauenfreundschaften: Es geht sehr oft ums Zuhören. Macht doch eigentlich keine große Mühe. Möchte man meinen.

»Es kann doch nicht sein, dass Doris ihr altes Problem mit dominanten Frauen immer wieder neu heraufbeschwört«, fährt Suse fort. »War doch klar, dass das Ärger gibt, wenn Doris der Oberärztin schon nach wenigen Wochen erklärt, sie möchte donnerstags immer früher gehen wegen ihres Akkordeonunterrichts. Akkordeon! Kein Wunder, dass sie bei ihrer Chefin jetzt als Freizeittante verschrien ist. Und am liebsten schon wieder kündigen will.«

Ich stoße einen leisen Seufzer aus. Doris, die als Physiotherapeutin auf eine neue Stelle in einem Krankenhaus gewechselt hatte, hat Suse am vergangenen Wochenende wieder hemmungslos vollgequatscht mit ihren Problemen. Jetzt krieg ich es ab, schon seit einer gefühlten halben Stunde. Frauen werden gerne zu Müllkutscherinnen und suchen einen freien Platz, wo sie den zuvor bei einer anderen Freundin aufgesammelten Unrat wieder abladen können.

Ich starre ins Wasser, um mich abzulenken. Idyllisch ist die Spree eigentlich nicht. Schon irre, was hier im Fluss so vorbeitreibt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.