Im Venusberg und andere Novellen by Pierre Louÿs & Franz Weil

Im Venusberg und andere Novellen by Pierre Louÿs & Franz Weil

Autor:Pierre Louÿs & Franz Weil [Louÿs, Pierre & Weil, Franz]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählungen, Übersetzung
Herausgeber: Wiener Verlag
veröffentlicht: 1903-12-31T23:00:00+00:00


El Hadj Omar zog, nachdem er seine Erzählung beendet hatte, den Säbel nochmals aus der Scheide, und nun glaubte ich rote Lichter auf seinem dunklen Glanz tanzen zu sehen. –Dann gingen wir weiter durch das blühende Tal. Vor unseren Füßen spielte ein kleiner Araberjunge mit einem schwarzen Skorpion, der sich wütend nach aufwärts krümmte.

Das Geheimnis

»Sie sollen mein Geheimnis kennen lernen,« sagte sie nach langem Zögern. »Da Ihnen daran gelegen scheint, es zu wissen, will ich Ihnen nun erzählen, warum ich nicht geheiratet habe.

Ihre Frage ist wohlwollender, als das Schweigen der anderen, in dem ich öfters verletzende Hintergedanken lese. Man weiß tatsächlich, daß ich von sehr vermögender Familie bin, und wenn ein reiches junges Mädchen nicht heiratet, so ist gewöhnlich ihr Stolz, ihr Ehrgeiz, ihre Häßlichkeit oder ihr sittliches Betragen schuld daran. Zwischen diesen Voraussetzungen kann die Welt nach Belieben wählen, wenn sie es barmherzigerweise nicht vorzieht, alle vier zu bestätigen.

Ich habe die Bewerber um meine Hand nicht ihrer selbst wegen zurückgewiesen. Das können Sie mir glauben. Es ist der Gatte, der Mann, der Liebhaber, sei er rechtsmäßig anerkannt oder nicht, dem ich voller Angst aus dem Wege ging. Mein Schrecken beginnt nun, da meine vierzig Jahre mich schützen, allmählich zu verblassen. Ahnen Sie noch nichts… Meine Geschichte ist nicht die einer unglücklichen Liebe; nein, denn ich habe nie geliebt; ich bin sehr früh alt geworden… eines Abends mit siebzehn Jahren.

Hören Sie! Die Geschichte ist kurz.

Übrigens… Sie werden vielleicht nicht begreifen können, wie ein so gewöhnliches, so tagtägliches Vorkommnis mein Leben um alle künftigen Freuden bringen konnte. Es betrifft einen Fall, wie Sie deren täglich in den Tagesblättern in der Rubrik »Vermischte Nachrichten« finden, und ich selbst bin an dem Geschehnis, von dem ich Ihnen erzählen werde, nicht im mindesten beteiligt gewesen. Wenn mein einsames Dasein darunter so lange Zeit erzitterte, so ist das nur eine Folge davon, daß ich den Vorfall gesehen, mit meinen eigenen Augen, kaum einen Schritt von mir entfernt –gesehen habe. Meine Erzählung wird Ihnen wahrscheinlich nicht den Eindruck machen, den der Vorfall in mir hinterlassen hat.«



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