Verliebt noch mal by Kristina Günak

Verliebt noch mal by Kristina Günak

Autor:Kristina Günak
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
veröffentlicht: 2014-11-07T05:00:00+00:00


Kapitel 21

Über die Liebe der gemeinen Landschildkröte

»Ein Kleid! Ich brauche ein Kleid!«, rufe ich in den Hörer, aber Elisabeth reagiert nicht. »Hallo?« Verdutzt lausche ich der Stille. Im Hintergrund höre ich ein leises Rauschen.

»Da bin ich wieder!« Vor Schreck zucke ich zusammen. »Was brauchst du? Ein Kleid? Sollte es weiß sein? Hat der blonde Prinz mit seinem blöden Klepper sich endlich dazu herabgelassen, dich heimzusuchen?«

»Äh, nee. Ich fahre zu einer Hochzeit. Aber nicht meiner eigenen. Ist ja wohl klar, oder? Wo bist du denn?«

»Bei Edgar. Ich habe mal das Grab in Ordnung gebracht. Da wuchs viel mehr Unkraut als auf den anderen Gräbern. Sah schlimm aus. Komm doch her. Und bring was zu essen mit.«

Wir sitzen gegenüber von seinem Grab auf der Bank und essen Döner. Einige Friedhofsbesucher laufen vorbei, und keiner scheint irritiert, dass wir Fastfood auf einem Friedhof konsumieren. In Bezug auf Edgar Pfeifenschröters Grab ist man hier einiges gewohnt. Döner essen ist da vergleichsweise so harmlos, dass die vorbeilaufenden Menschen freundlich grüßen.

Eine Woche nach seiner Beerdigung sind wir hierhergekommen, haben Sahnetorte gegessen und »Highway to hell« gehört. Allerdings nur in Zimmerlautstärke aus Rücksicht auf die anderen Toten, die sicherlich nicht solche bösartigen Tyrannen waren wie Edgar. Der war nämlich schon ziemlich einzigartig in seiner charakterlichen Grundausstattung. Und wenn er Alkohol trank, was er zum Schluss stündlich tat, wurde er zu etwas, wovor man einfach nur Angst haben musste. Elisabeth hat das Zusammenleben nur ausgehalten, weil er ihr drohte, ihr und den Kindern etwas anzutun, wenn sie ihn verlassen würde. Außerdem hat er ihr glaubhaft versichert, dass sie von ihm keinen Cent sehen würde. Mit ihrem Job als Altenpflegerin und mit zwei kleinen Kindern waren ihre Zukunftsaussichten nicht sonderlich rosig.

Aber Elisabeth hat gekämpft. Erst hat sie sich bei der Polizei gemeldet, die wenig hilfreich war. Ich hatte ein Zeugenschutzprogramm mit neuer Identität erwartet, es gab aber nur den freundlich gemeinten Hinweis, Elisabeth möge in einer Gefahrensituation die 110 wählen. Die Vorstellung, wie die doch recht kleine Elisabeth vor dem einhundert Kilo schweren betrunkenen Unhold flieht, in der Hand ein Telefon, um die 110 zu tippen, kam mir ziemlich absurd vor. Doch zum Glück hat sie etwa zur selben Zeit eine Therapie begonnen. Das gab ihr dann die Kraft, sich tatsächlich zu trennen. Allerdings unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

Ja, vor drei Jahren war es dann endlich so weit: Elisabeth hat sich von Edgar getrennt. Und er bekam vor Wut einen Herzinfarkt. Zack. Ich war Zeugin, denn ich wartete, bewaffnet mit dem Telefon, begleitet von meinem Bruder und einem affenstarken Freund von ihm, im Nebenzimmer, während die Kinder bei der Nachbarin waren. Nachdem Edgar kommentarlos auf den Küchenfliesen zusammengebrochen war, haben wir alle kurz überlegt, ob wir nicht noch schnell etwas anderes zu erledigen hätten, um dann doch den Notarzt zu rufen.

Der konnte aber nur noch Edgars Tod feststellen. Was sehr bedauerlich war. Fanden zumindest der Notarzt und die Nachbarin.

Ich habe eine sehr klare Meinung zu dieser Sache: Elisabeth hat zum ersten Mal »Nein! So nicht!« gesagt, und Edgar starb. Das war



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.