Martin Salander by Keller Gottfried
Autor:Keller, Gottfried
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T00:00:00+00:00
XII
Martin Salander war zur volksmäÃig politischen Feier einer Hochzeit, welche bald überall von sich reden machte, durch den Brief seines Sohnes von neuem gereizt worden; er hatte dessen blasierte Weisheit, wie er es nannte, lakonisch mit einer Fortschrittstat beantworten wollen, so wortreich sie in der Ausführung geriet.
Nun stellte sich unvermutet eine Folge ein, an die er nicht gedacht. In der Gegend, wo das Fest stattgefunden, erklärte ein Mitglied des GroÃen Rates wegen häuslicher Zerrüttung mitten in der Amtsdauer den Rücktritt und muÃte durch eine Neuwahl ersetzt werden. Indem sie sich nach dem Manne umschauten, verfielen die Leute auf den Volksfreund Salander, und weil er schon einmal abgelehnt hatte, sandten sie ein paar Männer, die ihn bewegen sollten, dem Rufe zu folgen. Ãberrascht bat er um kurze Bedenkzeit, sosehr sie in ihn drangen; denn er war aufrichtig gesinnt, nochmals ernstlich zu überlegen, ob er den Schritt tun solle und sich über dessen Bedeutung für seine Person insbesondere Rechenschaft zu geben.
Martin gehörte nicht zu den Befreiern oder Gleichstellern des Frauengeschlechts hinsichtlich des bürgerlichen Daseins, und seine eigene Frau, so hoch er sie hielt, fragte er nie ausdrücklich um Rat und Meinung in öffentlichen Dingen. Hiermit wahrte er seinen Standpunkt. Um so lieber gönnte er ihr den EinfluÃ, den sie von selbst übte, wenn er doch so ziemlich von allem sprach, was ihn bewegte, und zwar meist in Gestalt eines lauten Denkens in ihrer Gegenwart, beim Morgenkaffee, bei Tisch, beim Schlafen und Spazierengehen. Sie hatte dann die Auswahl, einen beliebigen Gegenstand aufzugreifen und ihre Gefühlsansichten oder Widersprüche zu äuÃern oder ganz zu schweigen. In letzterem Falle nahm er an, die Sache sei ihr ganz gleichgültig, und lieà das Selbstgespräch allmählich verstummen. Wenn sie sich aber zustimmend oder tadelnd aussprach, namentlich über Persönlichkeiten, so hatte er wiederum die Wahl, zu benutzen, was ihm klug und wahr schien, oder auf sich beruhen zu lassen, was etwa aus einem Denkfehler hervorgehen mochte oder aus mangelnder Einsicht. Auf diese Weise beraubte er sich nicht der Hilfsquellen, die aus dem Gemüte einer rechten Hausfrau flieÃen, und gab ihr die Ehre, die ihr gebührte.
So begab er sich jetzt mit der genommenen Bedenkzeit in die Nähe der Gattin, ihr zunächst den an ihn ergangenen Ruf mitteilend und irgend etwas Unbedeutendes beifügend. Dann ging er weg, kam bei erster Gelegenheit wieder und begann mit langen Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen, nunmehr einer Reihe von Betrachtungen Raum gebend.
»Ich habe bis jetzt«, lieà er sich stückweise hören, »mancherlei mitgewirkt und getan, ohne jede Verantwortlichkeit, als diejenige gegen mein eigenes Gewissen, und ohne ein eigentlich zusammenhängendes Arbeiten. Das würde nun anders werden. Ich kann, wenn ich dort etwas nützen will, nicht in den Rat eintreten, um still auf der Bank zu sitzen und bei den Abstimmungen aufzustehen oder sitzenzubleiben. Ich kann auch nicht in den Tag hinein schwatzen, wenn ich reden will, sondern ich muà die Akten studieren und aktenmäÃig reden; das ist die einzig ehrliche Beredsamkeit und schafft EinfluÃ! Wissen ist Macht! Ich tue das, gut! Dann komme ich in
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