Geschichte der russischen Revolution Bd 1 by Trotzki Leo

Geschichte der russischen Revolution Bd 1 by Trotzki Leo

Autor:Trotzki, Leo [Trotzki, Leo]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch-Geschichte & History
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 1973-11-15T00:00:00+00:00


Kapitel 13: Armee und Krieg

Schon in den der Revolution vorangegangenen Monaten war die Disziplin in der Armee merklich ins Wanken geraten. Man kann nicht wenige Klagen von Offizieren aus jener Zeit finden: die Soldaten benähmen sich ungebührlich gegen die Vorgesetzten, die Behandlung der Pferde, des Fiskusgutes, sogar der Waffen, sei unter jeder Kritik, in den Militärzügen herrsche Unordnung. Nicht überall war die Sache gleich schlecht. Doch bewegte sie sich überall in der gleichen Richtung: dem Zerfall zu.

Nun kam die Erschütterung durch die Revolution hinzu. Der Aufstand der Petrograder Garnison vollzog sich nicht nur ohne den Offiziersstand, sondern gegen ihn. In den kritischen versteckten die Kommandeure einfach die Köpfe. Der Oktobristendeputierte Schidlowski unterhielt sich am 27. Februar mit Offizieren des Preobraschenski-Regiments, offenbar in der Absicht, deren Einstellung zur Duma herauszufühlen, aber er traf bei den Gardearistokraten völliges Unverständnis für die Geschehnisse, was übrigens vielleicht zur Hälfte Verstellung war: waren es doch alles erschrockene Monarchisten. "Wie groß war meine Verwunderung", berichtet Schidlowski, "als ich am nächsten Morgen auf der Straße das gesamte Preobraschenski-Regiment, in mustergültiger Ordnung in Reih und Glied marschierend, mit einem Orchester an der Spitze, ohne einen einzigen Offizier erblickte ..." Allerdings kamen einige Truppenteile ins Taurische Palais mit ihren Kommandeuren, genauer gesagt, sie führten diese mit sich. Die Offiziere fühlten sich bei diesem Festzug in der Lage von Gefangenen. Gräfin Kleinmichel, die als Verhaftete diese Szenen beobachtet hat, drückt sich bestimmter aus: die Offiziere ähnelten Hammeln, die man zur Schlachtbank führt.

Die Februarrevolution hat die Trennung zwischen Soldaten und Offizieren nicht geschaffen, sie hat sie nur aufgedeckt. Im Bewußtsein der Soldaten war der Aufstand gegen die Monarchie zuallererst ein Aufstand gegen die Vorgesetzten. "Seit dem Morgen des 28. Februar", erinnert sich der Kadett Nabokow, der in jenen Tagen Offiziersuniform trug, "war es gefährlich, auszugehen, weil man den Offizieren die Achselstücke herunterriß." So sah der erste Tag des neuen Regimes in der Garnison aus!

Die erste Sorge des Exekutivkomitees war, die Soldaten mit den Offizieren zu versöhnen. Das bedeutete nichts anderes, als die Truppenteile wieder den alten Kommandeuren zu unterstellen. Die Rückkehr der Offiziere zu den Regimentern sollte, nach Suchanows Worten, die Armee vor "allgemeiner Anarchie oder der Diktatur der finsteren und zersetzenden Soldateska" bewahren. Wie die Liberalen, fürchteten diese Revolutionäre die Soldaten und nicht die Offiziere. Indes erwarteten die Arbeiter gemeinsam mit der "finsteren Soldateska" alles Übel gerade von seiten der glanzvollen Offiziere. Die Versöhnung war deshalb nicht von Dauer.

Stankewitsch schildert das Verhalten der Soldaten gegenüber den nach der Umwälzung zu ihnen zurückgekehrten Offizieren in folgenden Zügen: "Es stellte sich heraus, daß die Soldaten, die unter Verletzung der Disziplin nicht nur ohne Offiziere, sondern ... in vielen Fällen trotz der Offiziere die Kasernen verlassen und jene Vorgesetzten, die ihre Pflicht erfüllten, sogar getötet, ein großes Heldenstück der Befreiung vollbracht hatten. Wenn dies eine Heldentat war und die Offiziere es jetzt selbst behaupteten, weshalb haben sie dann nicht selbst die Soldaten auf die Straße geführt - für sie wäre es doch leichter und gefahrloser gewesen? Jetzt, nach der Tatsache des Sieges, schließen sie sich der Heldentat an.



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