Fisch und fertig by Ute Haese

Fisch und fertig by Ute Haese

Autor:Ute Haese [Haese, Ute]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863588199
Herausgeber: Emons Verlag
veröffentlicht: 2015-06-19T00:00:00+00:00


ZEHN

Harry schlief, als ich am nächsten Morgen erwachte. Meine Mundhöhle fühlte sich pelzig an, und hinter meiner Stirn saß ein Gnom mit einem Hämmerchen, von dem er eifrig Gebrauch machte. Und schlecht war mir auch.

»Hemlokk«, murmelte Harry und patschte mit der Rechten auf meine Bettseite herüber.

Ich gab keine Antwort. Sicher, nach der ersten Berührung war es auch seine Entscheidung gewesen, aber die Initiative war von mir ausgegangen. Oder doch nicht? So punktgenau ließ sich das nach meiner Erinnerung gar nicht mehr sagen. Und wie oft hatten wir eigentlich miteinander geschlafen? In Filmen oder manchen Büchern kamen die Leute bei dieser Frage pro Nacht problemlos auf einen Zweisteller.

Zweimal? Dreimal? Es war jedenfalls verdammt schön gewesen, und ich hatte jedes einzelne Mal genossen. Einfach gut hatte es sich angefühlt, den Gierke im Arm zu halten, ihm hemmungslos durchs Haar wuscheln zu können und ihn in mir zu spüren. Und trotzdem …

Harry grunzte. Herrgott noch mal, war das kompliziert!

Ob ich mich entschuldigen sollte, sobald er die Augen aufschlug? Oder ihm von Moritz Kleber erzählen, denn der hatte mein brachliegendes sexuelles Interesse mit Sicherheit angefacht. Nein, das war keine gute Idee. Harry könnte das leicht falsch verstehen. Ich hatte nicht als Ersatz für Moritz mit ihm geschlafen. Es war einfach passiert.

Aber was sagt man in so einer Situation? »Sorry, vergessen wir das Ganze, das waren der Wein und die Nordseeluft, und es kommt nicht wieder vor«? Das war doch erbärmlich.

Ich drückte die Handballen auf die Augen und stöhnte gequält. Hemlokk, du Riesenrindvieh! Was für ein Schlamassel. Harry Gierke und ich passten nicht zusammen, und wir wussten es beide. Als Lover würde er mich innerhalb von drei Tagen in den Wahnsinn treiben. Und ihm ging es umgekehrt mit mir genauso. Wir waren beide unabhängige Geister und liebten unsere Freiheit. Er redete mir nicht in meine Fälle hinein, also jedenfalls nicht immer, und ich hielt mich aus seinem Leben heraus, das allerdings konsequent. Damit waren wir bislang bestens gefahren.

Und nun? Würde er von seinem neuen Status todsicher Rechte ableiten.

Vorsichtig kroch ich aus dem Bett.

»Hemlokk?«, nuschelte Harry ein zweites Mal verschlafen und erwischte mich am Arm. »Lässt du mich bereits nach einer Nacht sitzen?«

»Du liegst, Harry.« Zugegeben, es war mehr ein Scherzchen als ein Scherz. »Es tut mir leid.«

Das machte es keinesfalls besser. Harry ließ meinen Arm fallen wie eine heiße Kartoffel und stemmte sich ruckartig hoch. Die Haare auf seiner Brust hatten sich in den vergangenen Stunden seltsamerweise vermehrt. Das war das Erste, was mir auffiel.

»Hemlokk«, ranzte er mich grob an. »Das meinst du doch nicht etwa ernst, oder?« Ach Gott, das wurde ja noch schwieriger, als ich es ohnehin befürchtet hatte.

»Na ja«, hörte ich mich stottern. »Es tut mir leid, weil es falsch war. Wir sind Freunde, Harry. Gute Freunde. Was gestern Nacht geschehen ist, verkompliziert die Sache bloß. Es lag am Wein und am Spaziergang. Nein, umgekehrt natürlich«, lachte ich nervös, weil er mich anstarrte, als würde aus meinem Kopf der Griff eines Hackebeils herausragen.

»Meinen Neffen hast du vergessen. Er hat auch zu dieser … Situation beigetragen.



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