Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten_ by Weber Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten_ by Weber Sara

Autor:Weber, Sara [Weber, Sara]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783462311228
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
veröffentlicht: 2023-01-12T00:00:00+00:00


Was wäre, wenn Sorgearbeit gerecht verteilt wäre?

Eine gerechtere Arbeitswelt wird allerdings nicht nur am Arbeitsplatz selbst geschaffen – sondern auch zu Hause. Wenn wir über Work-Life-Balance sprechen – vor allem im Zeitalter von Doppelverdiener-Familien –, dann bedeutet Leben oft Familie. Und Familie bedeutet in diesem Kontext oft unbezahlte Arbeit, schreibt Journalistin Sarah Jaffe.[188] Die Frage ist in vielen Fällen nicht, wie Erwerbsarbeit und Leben in Einklang gebracht werden können. Die Frage ist vielmehr, wie ich es schaffe, mich zusätzlich zu meinem Job auch noch um Haushalt, Kinder und alles andere zu kümmern, das funktionieren muss, damit das familiäre Leben nicht zusammenbricht.

Wenn wir dafür sorgen wollen, dass die Arbeitswelt wirklich gerechter wird – und für alle Menschen funktioniert –, müssen wir über Geld sprechen und darüber, wer arbeitet, ohne bezahlt zu werden. Frauen sind nicht nur in Führungspositionen unterrepräsentiert, sondern auch unterbezahlt: Der sogenannte Gender Pay Gap schlüsselt auf, wie viel Frauen und Männer in Deutschland durchschnittlich pro Stunde verdienen. 2021 verdienten Frauen 18 Prozent weniger. Pro Stunde ist das ein Unterschied – oder ein Gap, eine Lücke – von mehr als vier Euro. Teilweise lässt sich der Gender Pay Gap damit erklären, dass Frauen häufiger in schlecht bezahlten Branchen und Berufen arbeiten: Pflege und Erziehung, zum Beispiel. Oder sind diese Berufe am Ende etwa schlecht bezahlt, eben weil sie vor allem von Frauen ausgeübt werden? Außerdem haben Frauen seltener gut bezahlte Führungspositionen. Aber selbst, wenn man all das herausrechnet und auf den sogenannten bereinigten Gender Pay Gap schaut, gibt es noch einen Unterschied von rund sechs Prozent.[189]

Auch hier ergibt sich mit dem intersektionalen Blick noch mal ein anderes Bild: Frauen mit Schwerbehinderung verdienen im Vergleich zu schwerbehinderten Männern 667 Euro netto weniger pro Monat.[190] Migrantinnen verdienen rund 20 Prozent weniger als Frauen mit Herkunftsland Deutschland.[191] In den USA ist – wegen der besseren Datenlage – sogar noch stärker aufgeschlüsselt, wer wie wenig verdient: Latinas verdienen 49 Cent pro US-Dollar, den ein weißer nicht hispanischer Mann verdient. Indigene Amerikanerinnen verdienen 50 Cent, Schwarze Frauen 58 Cent, weiße Frauen 73 Cent.[192]

Der Gender Pay Gap schaut außerdem nur auf den Stundenlohn, nicht darauf, wie viel am Monatsende wirklich auf der Gehaltsabrechnung steht. Das macht wegen der hohen Teilzeitquote aber auch einen massiven Unterschied. Fast die Hälfte aller Frauen arbeiten in Teilzeit, aber gerade mal elf Prozent der Männer. Der Anteil an Frauen, die in Teilzeit arbeiten, hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter erhöht. Besonders hoch ist die Teilzeitquote unter Müttern: Zwei Drittel der erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit, aber nur sieben Prozent der Väter. In kaum einem anderen Land der EU ist die Teilzeitquote unter Müttern mit jüngeren Kindern so hoch: Sie arbeiten in Deutschland fast doppelt so oft in Teilzeit wie im EU-Durchschnitt.[193] Das führt zu großen Unterschieden beim Lebenseinkommen – also beim gesamten Einkommen, das Menschen ihr Arbeitsleben über verdienen. Bei Müttern liegt der lebenslange Verdienst deutlich unter 600000 Euro – während er bei Männern gesamt bei über einer Million liegt. Wie stark sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Einkünfte von Müttern auswirken, zeigt der Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland.



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