Wir sind die Guten: Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren (German Edition) by Mathias Bröckers & Paul Schreyer
Autor:Mathias Bröckers & Paul Schreyer [Bröckers, Mathias]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Westend Verlag
veröffentlicht: 2014-08-31T22:00:00+00:00
10 Poroschenko: Schokolade und Waffen
Zu den zahlreichen Seltsamkeiten beim Machtwechsel in der Ukraine im Jahr 2014 gehört die Selbstverständlichkeit, mit welcher der Aufstieg eines Milliardärs an die Staatsspitze als demokratischer Fortschritt gefeiert wird. Während im Westen in der Regel große Mühe darauf verwandt wird, den politischen Einfluss Superreicher zu kaschieren oder kleinzureden, und für jedermann sichtbare Beispiele wie Berlusconi in Italien allgemein als Skandal gelten, ticken die Uhren nun offenbar anders.
Zur Amtseinführung Petro Poroschenkos erschienen der US-Vizepräsident, der EU-Ratspräsident und auch der um moralische Ratschläge selten verlegene deutsche Bundespräsident in Kiew, um sich in die Schar der Gratulanten einzureihen. Der meist als »Schokoladenkönig« bezeichnete neue ukrainische Präsident hat viele Freunde. Wenn auch dieser Titel als Verharmlosung gelten kann, denn Poroschenko gehört neben dem Konfekthersteller Roshen auch ein Rüstungsunternehmen, das Kriegsschiffe herstellt sowie einen Granatwerfer, der laut Firmenwerbung »alle von der Nato zugelassenen Granaten« verschießen kann.1 Einem »Waffenkönig« zur Wahl zu gratulieren wäre öffentlich allerdings schwer vermittelbar gewesen. Wohl auch deswegen wird bis heute in kaum einem Medienbericht diese Tatsache erwähnt und stattdessen lieber augenzwinkernd auf die präsidiale Schokolade verwiesen. Eher nach Granatwerfern als nach Konfekt klang dann auch die martialische Äußerung des Präsidenten im Juli 2014 bei einem Besuch der »Antiterrortruppen«, welche die Stadt Donezk belagerten: »Die Militanten werden mit Hunderten ihrer Leben für das Leben eines jeden Soldaten von uns zahlen.«2
Poroschenko, Jahrgang 1965, hatte noch zu Sowjetzeiten internationale Ökonomie studiert, sich nach der Wende als Unternehmer etabliert und immer wieder auch politische Posten übernommen. Nach der »Orangen Revolution« von 2004 war er neben dem prowestlichen Präsidenten Juschtschenko, – den er mitfinanziert hatte – zunächst Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats geworden, dann Außenminister. In der Regierung von Präsident Janukowitsch leitete er zeitweise das Wirtschaftsministerium und arbeitete in dieser Funktion auch das EU-Assoziierungsabkommen mit aus. In beiden Regierungen stand er außerdem der Nationalbank vor.
Eine der ersten Amtshandlungen Poroschenkos als Präsident war dann auch im Juni 2014 die Neubesetzung der Leitung ebenjener Nationalbank. Die neue Chefin Valeria Gontarewa hatte ihre nun benötigte Berufserfahrung bei den ukrainischen Ablegern westlicher Bankriesen wie der holländischen ING und der französischen Société Générale gesammelt. Im neuen Amt ist sie eine direkte Ansprechpartnerin des Internationalen Währungsfonds, der seine von Portugal bis Griechenland bekannten »Sparprogramme« und »Liberalisierungen« auch der Ukraine verordnen will, im Gegenzug für neue Kredite. Wie lange sich das ukrainische Volk diese Vorgaben gefallen lassen wird, bleibt abzuwarten.
Poroschenko ist unter den ukrainischen Superreichen derjenige mit den direktesten politischen Ambitionen. Während die Nummer 1 des Landes, der Donezker Stahlbaron Rinat Achmetow lange Janukowitsch unterstützte, hatte Poroschenko (laut Forbes-Milliardärsliste die Nummer 7 in der Ukraine) bereits 2004 Juschtschenko finanziert und ebenso die Maidan-Revolte seit Ende 2013. Auch wenn er selbst versuchte, seine direkte Beteiligung am Umsturz kleinzureden, und die Frage, ob er den Maidan finanziere, im Dezember 2013 so beantwortete: »Der Maidan organisiert sich selbst, es sind nicht irgendwelche reichen Leute, die ihn unterstützen. Aber wenn Sie die drei Lastwagen mit Holzpaletten, einen mit Brennholz und einen mit Trinkwasser meinen, die ich dort hingebracht habe, dann ja.«3 Unerwähnt ließ
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