Wer ICH sagt, muss auch LIEBE DICH sagen by Anica Schriever

Wer ICH sagt, muss auch LIEBE DICH sagen by Anica Schriever

Autor:Anica Schriever
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3, epub
Tags: Roman
Herausgeber: Ullstein eBooks
veröffentlicht: 2013-12-31T23:00:00+00:00


14

Das ist er also. Tag X. Mein dreißigster Geburtstag.

Vorsichtig öffne ich die Augen und blinzele gegen die grellen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster hereinfallen. Wahnsinn, es scheint tatsächlich die Sonne. Petrus muss heute wirklich gute Laune haben, denn normalerweise regnet es an meinem Geburtstag in schöner Regelmäßigkeit. Nicht, dass das eine Rolle spielen würde. Denn in diesem Jahr steht mir nach dem Chaos der letzten zwei Wochen eigentlich überhaupt nicht der Sinn nach Geburtstag und Feiern. Andererseits: Man wird ja nicht jeden Tag dreißig, auch wenn ich jetzt schon sagen kann, dass ich mich nicht anders fühle als mit neunundzwanzig. Im Übrigen bin ich sowieso niemand, der wegen dieses angeblich so bedeutungsvollen Tages panisch reagiert. Ich meine, man mutiert doch nicht zu einem anderen Menschen, bloß weil da statt der Zwei plötzlich eine Drei steht. Obwohl der Gedanke zugegebenermaßen sehr verlockend ist.

Außerdem: Seien wir mal ehrlich, es ist ein Tag wie jeder andere auch. Die Zeiten, als Geburtstage noch toll waren, liegen mindestens fünfzehn Jahre zurück. Als man am Tag davor abends kaum einschlafen konnte vor Aufregung. Schon Wochen vorher wurde man allein bei dem Gedanken an diesen besonderen Ehrentag ganz hibbelig. Was es wohl an Geschenken gab? Heutzutage ist man doch meistens froh, wenn dieser leidige Tag wieder vorbei ist und man seine Ruhe hat. Denn was soll man bitte groß feiern? Dass man wieder ein Jahr älter geworden ist? Und trotzdem kein bisschen klüger?

Na dann, herzlichen Glückwunsch!

Ich schwinge meine Beine aus dem Bett und strecke mich. Im Minnie-Mouse-Bigshirt, passend zu meinem fortgeschrittenen Alter, tapse ich barfuß in die Küche.

Gunnar sitzt bereits am Frühstückstisch, auf dem ein großer Strauß Sonnenblumen steht, meine Lieblingsblumen, und ist vollkommen vertieft in die Tageszeitung. Als ich knarrend den Stuhl nach hinten schiebe, sieht er auf und legt die Zeitung zur Seite.

»Hey, du alte Schachtel! Alles, alles Gute zum Geburtstag.« Er umarmt mich herzlich und drückt mir einen dicken Schmatzer auf die Wange.

Ich strahle ihn an. »Danke schön.«

Hinter seinem Rücken zaubert Gunnar einen Schokoladencupcake mit extradicker Schokoglasur hervor. Er steckt eine dünne Kerze hinein und zündet sie an.

»Happy birthday.«

»Awww.« Ich muss tatsächlich ein bisschen schwer schlucken und ein Tränchen aus dem Augenwinkel tupfen.

»Wünsch dir was!«

Ich schließe fest die Augen und puste die Kerze aus.

»Und, was hast du dir gewünscht?«

»Ts, das sag ich dir doch nicht!«

»Ich kann’s mir schon denken.«

»So, kannst du?«

»Klar.«

Dabei habe ich mir wirklich nichts Spezielles gewünscht, obwohl ich allen Grund dazu hätte. Aber ich habe in den letzten zwei Wochen auf die harte Tour gelernt, dass Wünsche nicht immer wahr werden und einem auch wie ein Bumerang um die Ohren fliegen können. Ganz egal, wie sehr man daran glaubt und es sich wünscht. Manches ist einfach nicht dazu bestimmt, wahr zu werden. Darum bin ich dankbar für das Hier und Jetzt. Ich habe tolle Freunde, auf die ich mich stets verlassen kann, eine mich liebende Familie, und ich bin gesund. Was will man mehr? Alles andere wird sich finden. Denn irgendwann ist jeder mal an der Reihe. Egal, wo er in der Warteschlange stehen mag.



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