Wer hat eigentlich die Ringe? by Sünder Thomas

Wer hat eigentlich die Ringe? by Sünder Thomas

Autor:Sünder, Thomas [Sünder, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet
veröffentlicht: 2016-09-28T13:53:35+00:00


Sünde 18: Blauäugigkeit

Champagner für alle

Die Trauzeugen Camilla und Steffen treffen bereits eineinhalb Stunden vor dem Brautpaar beim Standesamt in Hamburg Altona ein. Es befindet sich im Altonaer Rathaus, einem schmucken Gebäude aus dem achtzehnten Jahrhundert. Aufgrund seiner ansprechenden Architektur und der Nähe zur Elbe ist dieses Standesamt besonders beliebt. An einer Seite des Gebäudes, wo sich eine kopfsteingepflasterte Straße ohne störenden Durchgangsverkehr befindet, beginnen die beiden Trauzeugen ihr Werk. Aus Steffens Kombiwagen holen sie einen Tapeziertisch, weiße Tischdecken und mehrere Kunststoffkisten mit Sektgläsern. Diese hat Camilla bei einem Caterer gemietet. Da die Sonne scheint, können die beiden den Schönwetterplan vorbereiten: einen Sektempfang für alle Traugäste im Freien, der nach der Zeremonie stattfinden soll. Der Plan B für Regen wäre gewesen, den Empfang im Foyer des Rathauses aufzubauen.

Die beiden gestalten die Outdoor-Bar liebevoll. Camilla hat Blumen besorgt, Steffen herzförmige Ballons. Vier davon füllt er aus einer kleinen Gasflasche mit Helium und befestigt an jeder Ecke des Tisches einen. Die Gläser werden ordentlich in einem großen Rechteck angerichtet, das eine Hälfte des Tischs einnimmt. Die andere Hälfte wird bestückt mit Silbertabletts, auf denen belegte Brote und Brezeln bereitliegen. Die Krönung des Ganzen ist eine große silberne Schüssel. Steffen füllt sie zur Hälfte mit Crushed Ice, das er auf dem Hinweg von einer Tankstelle besorgt hat. Darin platziert er feierlich ein halbes Dutzend Flaschen Champagner. Außerdem stellt er sechs Liter Orangensaft und mehrere Flaschen Mineralwasser bereit. Das sollte seiner Meinung nach für die erwarteten zwanzig Personen genügen.

Da die Hochzeitsgesellschaft über einen anderen Eingang das Gebäude betritt, können Camilla und Steffen ganz in Ruhe arbeiten. Zehn Minuten, bevor die Trauzeremonie beginnen soll, ist alles fertig. Voller Stolz betrachten die beiden Trauzeugen ihr Werk. »Das hätte selbst der Caterer nicht besser hinbekommen«, freut sich Camilla.

Steffen blickt auf die Uhr. »Das glaube ich auch. Jetzt müssen wir aber schleunigst rein, die Gäste sind bestimmt schon alle da.« Mit einem letzten Blick auf ihr Kunstwerk begeben sie sich ins Gebäude.

Dreißig Minuten später führen Camilla und Steffen eine heitere Hochzeitsgesellschaft ins Freie und freuen sich darauf, ihnen ihre Bar zu präsentieren. Vor allem für Braut und Bräutigam soll es eine schöne Überraschung werden. Zwar wissen die beiden, dass der Empfang stattfinden soll, doch wie das Ganze aussieht, haben Camilla und Steffen nicht verraten.

Als die Gruppe um die Ecke biegt, ist der Schreck bei den Trauzeugen groß: An ihrer Bar stehen fremde Menschen mit Sektgläsern in der Hand! Mindestens dreißig Personen, die ebenso festlich gekleidet sind wie ihre eigene Hochzeitsgesellschaft, drängen sich um den Ausschank. Entsetzt rennt Steffen hin und erblickt eine Dame um die fünfzig, die gerade hinter der Theke den letzten Champagner öffnen will. Die fünf anderen Flaschen stehen entkorkt neben dem Kübel. Auch die Tabletts mit den Häppchen sind fast leer geräumt. Atemlos spricht er die Frau an: »Wer sind Sie, und was fällt Ihnen ein, unseren Champagner auszuschenken?«

Sie blickt ihn verdutzt an. »Ihr Champagner? Gehört das hier denn nicht zur Hochzeit von Erwin und Marla?«

Steffen schüttelt den Kopf. »Aber nein! Unser Brautpaar heißt Iris und Jörn.



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