Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen by Alice Hasters

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen by Alice Hasters

Autor:Alice Hasters
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: #MeTwo, 2019, Adichie, Afro, Afrodeutsch, Alice, Alltagsrassismus, Amjahid, Ausgrenzung, Autorin, Bin ich rassistisch, Cultural Appropriation, Debatte, Deutschland, Diskriminierung, Dreads, Eddo-Lodge, Grenzen, Haare, Hasters, Hautfarbe, Herkunft, Integration, Klischees, Kolonialismus, Kulturelle Aneignung, Macht, MeTwo, Mikroaggressionen, Noah Sow, N-Wort, Obama, Otoo, Özil, People of Color, persönlich, Plädoyer, Politik, Privileg, rassistisch, Sarrazin, Schwarz, Sexismus, Trump, Unterdrückung, Vorurteile, Weiß, White Privilege, White Supremacy, Zöpfe, Zuwanderung
ISBN: 978-3-446-26522-6
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2019-07-14T16:00:00+00:00


Haut

Persönlich verstehe ich nicht, warum es überhaupt verschiedene Meinungen über die schönste Jahreszeit gibt. Natürlich ist es der Sommer. Es wird früh hell und bleibt lange warm, man hält sich gerne draußen auf und kann endlich seinen Vitamin-D-Mangel ausgleichen. Und die brütende Hitze? Besser als Dauerregen, Dunkelheit und Kälte, finde ich. Ich würde die Möglichkeit, gemütlich eine Tasse Tee vor einem verschneiten Fenster zu trinken, jederzeit gegen einen längeren Sommer tauschen.

Eine unangenehme Seite hat der Sommer für mich allerdings auch. Mit den Temperaturen steigt die Zahl der unangenehmen Fragen an: »Kannst du überhaupt brauner werden?«, oder: »Kannst du Sonnenbrand bekommen?«

Diejenigen, die jetzt verunsichert sind und das nicht klar beantworten können, denen will ich noch einmal helfen. Die Antwort lautet: NATÜRLICH! Natürlich kann ich das! Mein Körper funktioniert genauso wie alle anderen Körper auch. Ich habe einen höheren Melaningehalt in meiner Haut als weiße Menschen, ja. Das macht meine Haut dunkler und schützt mich vor Sonnenbrand — aber auch nur bis zu einem gewissen Grad. Reicht das nicht mehr aus, hat mein Körper, genauso wie die meisten anderen Körper auch, die Fähigkeit, mehr Melanin zu produzieren, wenn er Sonnenlicht ausgesetzt ist. Auch ich kann Sonnenbrand bekommen, wenn ich zu lange in der Sonne stehe. Das ist mir bisher nur deshalb nicht passiert, weil ich mit einem sehr blassen Vater aufgewachsen bin, der uns die Wichtigkeit von Sonnencreme früh eintrichterte. Weiße wissen zwar nicht, was Melanin ist, aber dafür kennen sie die Auswirkungen von UV-Strahlung genau und nehmen sie sehr ernst. Mich erstaunt es jedes Mal wieder, wenn ich darüber aufklären muss, wie meine Haut funktioniert. Mir ist klar, dass diese Fragen meist unbedarft gestellt werden und zu denen gehören, die »ja nicht böse gemeint« sind. Ähnlich wie die Frage danach, ob mir schneller kalt würde, weil mein Körper ja für wärmere Temperaturen ausgerichtet sei. Sie zu beantworten, bedeutet allerdings, erklären zu müssen, dass ich ein Mensch wie alle anderen bin — und diese Fragen überhaupt zu fragen, bedeutet, dass man irgendwo denkt, ich sei es nicht. Darüber aufzuklären, ist eine nervige, lächerliche und erniedrigende Aufgabe, die ich im Alltag regelmäßig erledigen muss.

Ähnlich wie bei meinen Haaren hören die Vergleiche mit meiner Haut bis heute nicht auf. Ich bin »Schoko«, »Cappuccino«, »Milchkaffee« oder irgendetwas anderes Ess- oder Trinkbares. Ich weiß, dass das entweder nett gemeinte Witze oder Komplimente sein sollen, doch geschmeichelt fühle ich mich davon selten. Lustig finde ich es nie.

Wie wäre es für weiße Menschen, ununterbrochen zu hören, dass sie Haut wie Milch, Puderzucker oder Vanilleeis hätten? Okay, wahrscheinlich fänden sie es ganz schön — aber ständig? Das Bedürfnis, in Assoziation mit dunkler Haut allerhand Lebensmittel zu nennen, hat einen negativen Effekt: Menschen mit dunkler Haut werden zu Objekten gemacht.

Ein Beispiel: Ein Smoothiehersteller bewarb 2017 ein Getränk, das in einer schwarzen Flasche verkauft wurde, in Österreich mit den Slogans »Unser Quotenschwarzer« und »Schafft es selten über die Grenze.« Auf einem anderen Plakat stand die schwarze Flasche neben einem gelben und roten Smoothie und dem Spruch »Noch mehr Flaschen aus dem Ausland.



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