Verschleppt im Jemen by Zana Muhsen
Autor:Zana Muhsen
Die sprache: deu
Format: epub
KAPITEL 7
Der Steuerberater und der Finanzbeamte
Bekam ich vom Finanzamt einen Brief oder einen Steuerbescheid, bezahlte ich anfangs immer, was man von mir forderte. Es kam eine Menge Geld rein, und ich hatte keine Ahnung, was ich bezahlen musste; deswegen wartete ich die Bescheide ab. Ich hatte vorher noch nie Geld verwaltet. Als ich England verlieÃ, war ich fünfzehn, und im Jemen hatte ich natürlich kein Geld - in den Dörfern kümmerten sich die Männer um die finanziellen Angelegenheiten.
Bei den Jobs, zum Beispiel in einer Fabrik, die ich nach meiner Rückkehr aus England annahm, hatten die Chefs sich um die fälligen Steuerzahlungen gekümmert. Ich hatte einfach genommen, was sie mir am Ende der Woche gaben, und keine Fragen gestellt. Geld hat mich noch nie interessiert.
Wenn ich zum Beispiel einen Brief erhielt, in dem ich zur Zahlung eines Sozialversicherungsbeitrags aufgefordert wurde, ging ich zum Finanzamt im Stadtzentrum und gab dort einen Scheck ab. Ich erhielt eine Quittung und ging mit dem Gefühl nach Hause, alles erledigt zu haben. Ich hatte keine Ahnung, dass es damit nicht getan war.
Als die Tantiemen aus Ländern wie Frankreich und
Deutschland eintrafen, zahlte ich sie auf mein Konto ein und hob Geld ab, wann immer ich es brauchte. Die Summen waren so riesig, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wir würden das gesamte Geld je ausgeben können. Hätte das Finanzamt seinen Anteil verlangt, hätte ich ihn selbstverständlich bezahlt. Mir war nicht klar, dass es ein Jahr Aufschub gab, bevor die Steuerbescheide eintrudelten, und dass ich gesetzlich dazu verpflichtet war, mich um deren Begleichung zu kümmern. Selbst wenn ich es gewusst hätte, hätte ich mich wahrscheinlich nicht anders verhalten. Es schien genug Geld für alles da zu sein. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass die Amerikaner uns dazu bringen würden, fast 200.000 Pfund auf das Konto von CTU zu überweisen.
Als dann die Steuerbescheide über mehrere zehntausend Pfund eintrafen, hatte ich kein Geld, um sie zu bezahlen. Den gröÃten Teil des Geldes hatte die Firma CTU in Amerika bekommen, und der Rest war dafür draufgegangen, die Kampagne zur Befreiung von Nadja weiterzuführen oder Freunden und Verwandten auszuhelfen, wenn sie in Schwierigkeiten waren. Ich hatte einfach nach Belieben Schecks ausgestellt und Bargeld abgehoben, ohne zu wissen, wie viel Geld anschlieÃend noch übrig war. Es war einiges zusammengekommen - zum Beispiel die Telefonrechnungen und Mums und Janas Reise in den Jemen und jetzt war das Konto leer.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und beschloss, in der blödsinnigen Hoffnung, das Problem werde sich von alleine lösen, nichts zu unternehmen. Vielleicht, so sagte ich mir, würde mein Literaturagent mir einen weiteren dicken Scheck schicken, und dann könnte ich zum Finanzamt gehen und die Sache erledigen. Vorerst würde ich einfach abwarten und sehen, was passierte. Ich ignorierte die Briefe und Bescheide. Sie stapelten sich in einer Ecke des Zimmers und ich verdrängte das Problem. Es war mir einfach zu viel, mich auch noch darum kümmern zu müssen. SchlieÃlich erzählte ich jedoch Mum und Jana beiläufig davon.
»Du solltest dir einen Steuerberater nehmen«, sagte Jana. »Das Problem löst sich nicht von selbst.
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