Teufelskrone by Rebecca Gablé

Teufelskrone by Rebecca Gablé

Autor:Rebecca Gablé [Rebecca Gablé]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe AG
veröffentlicht: 2019-07-03T14:52:35+00:00


Caen, Oktober 1201

Das beschauliche Caen lag nur wenige Meilen von der Küste entfernt. Trotzdem hatten Yvain, Bischof de Gray und ihre Eskorte ihre liebe Mühe gehabt herzufinden, denn ein dichter Nebel war mit dem Tagesanbruch von der See hereingezogen, und mehr als die nächsten zwanzig, dreißig Yards der miserablen Straße hatten sie nie sehen können.

Doch sie gelangten ohne Missgeschicke ans Stadttor, das plötzlich wie die Pforte zur Anderwelt aus dem perlgrauen, wabernden Nebelmeer vor ihnen aufragte, und die Wachen ließen sie anstandslos passieren.

»Wart Ihr schon einmal hier?«, fragte de Gray, der Seite an Seite mit Yvain vornewegritt.

»Nein, Exzellenz. König Richard kam gern zum Jagen her, hat mein Bruder erzählt, aber König John jagt lieber in England, denke ich.«

»Die umliegenden Wälder hier sind in der Tat wildreich und weitläufig«, antwortete der Bischof. »Aber das Wundervollste an Caen sind die Klöster St. Etienne und La Sainte Trinité, wo der Eroberer und seine Gemahlin ihre letzten Ruhestätten haben. Schaut sie Euch an, wenn Ihr Gelegenheit findet, ihre Schönheit wird Euer Herz erfreuen.«

Yvain nickte. Vielleicht würde er den Rat sogar befolgen. Er konnte derzeit alles gebrauchen, was das Herz erfreute.

Der Bischof wies mit dem ausgestreckten Arm nach Süden. »Dort den Hügel hinauf geht es zur Burg. Es ist nicht mehr weit, Gott sei gepriesen. Dieser Nebel kriecht einem mit eisigen Fingern unter den Mantel, oder?«

»Dann lasst uns schneller reiten«, schlug Yvain vor. »Davon wird Euch warm.«

»Ihr wollt andeuten, ich sei ein verweichlichter Pfaffe?«, argwöhnte de Gray entrüstet, schnalzte seinem temperamentvollen Braunen zu und galoppierte an.

Yvain musste sich beeilen, damit der Bischof ihm nicht davonzog.

Drei Tage hatten sie von Waringham bis nach Portsmouth gebraucht, von wo aus sie sich in die Normandie eingeschifft hatten, und während dieser kurzen Reise hatte Yvain den Bichof von Norwich sehr zu schätzen gelernt. Unaufdringlich hatte der ihm Trost und geistlichen Beistand im Angesicht des schweren Schicksalsschlags angeboten, der das Haus von Waringham getroffen hatte. De Gray war ein überaus gebildeter Mann und wusste die erstaunlichsten Dinge über die Lepra. So hatte er Yvain zum Beispiel erklärt, viele Kirchengelehrte glaubten, dass Leprakranke Gott näher seien als gewöhnliche Sterbliche. Denn es war dieses Leiden, welches der Herr Jesus Christus besonders häufig geheilt hatte. Die Aussätzigen standen unter seinem göttlichen Schutz, und deswegen waren die Gemeinschaften aussätziger Männer und Frauen in den Leprahäusern mit denen von Nonnen und Mönchen gleichzusetzen, deren Ordensregeln sie ja auch befolgten. »Es ist eine schwere Prüfung, keine Frage«, hatte de Gray eindringlich gesagt. »Bitter für Euren Bruder und jeden, der ihm verbunden war. Aber es bedeutet nicht, dass Gott ihn verlassen hat – im Gegenteil. Wenn Euer Bruder glaubt, er müsse zu den Lazariten gehen und für begangene Sünden büßen, dann wird er die Gnade und Vergebung Gottes auch erlangen.«

Yvain konnte nicht behaupten, dass er von dieser merkwürdigen Art göttlicher Gnade besonders viel hielt. Doch die Erkenntnis, dass Guillaume zwar von der Welt verlassen war, nicht aber von Gott, war ein Trost.

Bischof de Gray taugte indes nicht nur als geistlicher Beistand, sondern erwies sich in jeder Hinsicht als großartiger Reisegefährte.



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