Sucht by Borowiak Simon

Sucht by Borowiak Simon

Autor:Borowiak, Simon [Borowiak, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-22T16:00:00+00:00


Kapitel 22

Soll ich dich nach oben bringen?«, fragt Heike.

»Willst du auch schon gehen?«

»Muss nicht. Habe aber das Gefühl, du bist etwas – indisponiert.«

»Das ist der normale Verschleiß.« Sie werfen ihre Zigaretten in den Trog und gehen. Alle sind unten, an allen müssen sie vorbei. Cromwell versucht, den Chief anzulächeln. Der Chief nickt. Vergeben und vergessen? XXL taxiert Heike. Station leergefegt. Die gesamte Pflegerei und die Ärzte tagen hinter dem Glaskasten.

»Die reden da jetzt über euch, hinter eurem Rücken«, sagt Heike, »wollt ihr euch das gefallen lassen?«

»Ich hab’ beschlossen, mir ab heute alles gefallen zu lassen.« Cromwell setzt sich mit quietschenden Gelenken auf sein Bett. »Die Realität kommt so oder so.«

»Alter Mann«, sagt Heike und setzt sich neben ihn. Warum sieht sie ihn so an? Ahnt sie was? Ihr Blick, mit dem sie wahrscheinlich schon im Kindergarten Puppenhäuser zerlegt und Kindergärtnerinnen aufgerieben hat. Der furchtlose Wahrheitsblick. Da sticht der Hafer. Jetzt erzählt er es ihr. Allein, um ihre Reaktion zu sehen.

»Gestern hatte ich so was wie eine Hallu. Es war wie echt.«

»Was Schlimmes?«

»Später. Später war es schlimm. Davor war es gut. Wir haben um ein Haar miteinander geschlafen.«

Sie fragt tatsächlich: »Und warum nur um ein Haar, bitte schön?«

»Jemand kam dazwischen. Mick kam dazwischen.«

Sie schlägt mit der Faust auf die Krümeldecke: »Was hat diese Mick eigentlich, was ich nicht habe!?«

Er überlegt. »Du bist nicht krank. Du bist nicht verlogen. Du bist kein völlig geschredderter Mensch.«

»Ach, was weißt denn du! Warum halten mich bloß alle für gesund!« Sie sackt theatralisch um. Cromwell betrachtet sie, dann beugt er sich ganz nahe an ihr Gesicht. Wenn sie nicht mag, kann sie ihm ja eine scheuern. Auch egal.

»Wenn du noch näher kommst, muss ich schielen.«

»Okay.« Cromwell will sich wieder entfernen.

»Aber ich schiel’ gerne, manchmal!«, sagt Heike schnell und packt ihn am Kragen.

Wie einfach das ist. Geht es einfacher?

Sie knutschen wie zwei Dreizehnjährige. Dann steigern sie sich auf vierzehn- bis fünfzehnjährig. Als sie bei etwa siebzehn angekommen sind, biegt Heike den Rücken durch und zieht etwas darunter hervor: »Da ist was. Was ist das?«

Cromwell erklärt verlegen: »Das ist Sieveking.«

Heike sieht zwischen ihm und Sieveking hin und her. Sehr ernst: »So geht das nicht. Cromwell, du musst dich entscheiden. Er oder ich.«

Cromwell weiß nicht, was er tun soll: vor Glück schreien oder weiterknutschen. Und zwar wie ein Zwanzigjähriger.

Auf dem Flur echte Schritte. Klinke nach unten. Als XXL im Zimmer steht, sitzen sie beide wieder aufrecht nebeneinander wie eine Eins.

»Hallo«, grüßt XXL.

»Tach«, sagt Heike. Cromwell hat das Gefühl, er müsste ein völlig zerwühltes Gesicht haben. Er schlägt einfach die Hände davor. Als würde er heulen.

XXL holt einen Schlüssel aus seinem Detlef, stöbert in seinem Schließfach, schließt wieder ab und setzt sich aufs Bett: »Tut so, als wäre ich nicht da.«

Danke. Welch sinnloses Unterfangen.

»Gehn wir rauchen?«

»Jawoll.«

Sie drückt ihm den Schuhkarton in die Hände: »Soll ich dir ganz fix das Dings einrichten? Dann bist du sogar für mich erreichbar.«

»Mendelssohn behauptet, das wäre eine ›sichere Leitung‹.«

XXL schaut hoch. Etwas in seinem Schädel scheint sich zu bewegen.

Heike (ernsthaft): »Natürlich braucht ihr unter allen Umständen eine sichere Leitung.



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