Schwarzer Tanz by Lee Tanith

Schwarzer Tanz by Lee Tanith

Autor:Lee, Tanith [Lee, Tanith]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-09-12T16:00:00+00:00


10

An der Wand hing ein Poster mit einer blutenden Rose. Tetanus: es muss nicht immer ein rostiger Nagel sein, stand darunter zu lesen. Eine handgeschriebene Notiz besagte: »Wenn Ihnen oder Ihrem Kind übel wird, sagen Sie es bitte der Sprechstundenhilfe.«

Das Sprechzimmer war überfüllt, ein Seuchennest. Kinder niesten und weinten und hatten Fieber. Männer und Frauen husteten und putzten ihre Nasen; blaue Viren wurden aus ihren Mündern in den eiskalten Raum gekeucht. Es gab harte Stühle und wenig Zeitschriften. Man wurde nicht ermutigt zu kommen.

Der Summer ertönte wütend. Wer würde es wagen, der Nächste zu sein.

»Miss Day? Hier entlang, bitte.«

Rachaela betrat den ziemlich weiträumigen Behandlungsraum; Doppelfenster über einem Garten.

Der Mann trug Anzug und Krawatte. Er war schlank und durchtrainiert, mit ordentlich gekämmtem, schütterem Haar. Er gab Rachaela ein ordentliches und eisernes Lächeln. »Was kann ich für Sie tun?«

Rachaela setzte sich auf den Stuhl, auf den er deutete.

»Ich brauche eine Abtreibung.«

Der Doktor legte sein Lächeln ab und zog die Augenbrauen in die Höhe.

»Spannen wir den Wagen nicht vor das Pferd? Sie glauben also, dass Sie schwanger sein könnten. Was führt Sie zu dieser Annahme?«

»Meine Periode hat ausgesetzt. Mir ist schon mehrere Male übel geworden.«

»Wie viele Perioden sind ausgeblieben?«

»Zwei.«

»Haben Sie eine Morgenurinprobe mitgebracht?«

»Ich habe einen Schwangerschaftstest gemacht.«

»Aha. Nun, wenn Sie einmal da sind, werden wir Sie erst einmal ansehen.« Er betätigte die Sprechanlage. »Mrs. Beatty, kommen Sie bitte.« Dann sagte er zu Rachaela: »Sie können Ihre Sachen dort hinter dem Paravent ausziehen. Ihr Unterkleid lassen Sie an.«

Rachaela tat, wie ihr befohlen wurde, und stellte sich vor den Untersuchungstisch. Er war sehr weiß und mit einer Art großer Papierserviette bedeckt.

Die fette Mrs. Beatty kam herein und setzte sich in eine Ecke hinter den Paravent.

»Knie nach oben, bitte, Knöchel zusammen. Entspannen Sie sich einfach.«

Als sie das letzte Mal ein Mann berührt hatte, war es ein Wohlgenuss gewesen, ein Zauber der Gefühle. Dieser hier war grob, er wusste, wie zäh der weibliche Körper sein musste, wie viel er ertragen konnte.

»Ja«, sagte er. »Ähem.«

Und er stach und drückte an ihrer Vagina und ihrem Bauch herum. Mit einer Lampe leuchtete er in sie hinein wie ein Bergarbeiter.

»In Ordnung. Sie können sich wieder anziehen.«

Er wusch seine Hände an einem Waschbecken, und Mrs. Beatty schlüpfte wieder aus dem Raum.

»Nun, Miss … äh, Miss Day. Ich würde sagen, dass Sie mit Sicherheit schwanger sind.«

»Ich weiß.«

»Alles«, sagte er, »scheint in bester Ordnung. Sehen wir mal nach Ihrem Blutdruck.«

Er überprüfte die Skala. Sie warteten schweigend.

»Wunderbar. Sie sind eine sehr gesunde, junge Frau.«

Seine Glückwünsche machten sie nicht froh.

»Ich will eine Abtreibung.«

»Dazu besteht absolut keine Veranlassung. Sie sind …«, er blickte auf ihre Karteikarte, »… neunundzwanzig? Das ist nicht zu spät. Es gibt Tests, die wir durchführen können, wenn Sie befürchten, das Baby könnte …«

Es ist kein Baby. Es ist ein Ding, ein Parasit, der sich in mir eingenistet hat.

»Ich will es nicht.«

»Aber, Miss Day. So einfach geht das nicht. Sie haben eine Verantwortung. Das Kind wurde empfangen. Ein Leben, Miss Day, das Sie in sich tragen.«

»Es war ein Versehen.«

Konnte sie das behaupten? Sie hatte keine Verhütungsmaßnahmen ergriffen, nichts war ihr weniger wichtig gewesen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.