Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) by Köppel Helene Luise
Autor:Köppel, Helene Luise [Köppel, Helene Luise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: HLK - Helene Luise Köppel; Auflage: 1
veröffentlicht: 2013-01-25T23:00:00+00:00
16.
Sancha von Toulouse war ausgezogen, das Tor der Myrrhe zu finden und mit leeren Händen heimgekommen. Damian und Olivier jedoch - Knaben sind Knaben - waren längst wieder guter Dinge. Noch in der Stunde ihres Eintreffens in Toulouse eilten sie in die Waffenkammer, um ihre Ausbildung wieder aufzunehmen. Es war, als konnten sie es gar nicht erwarten, erwachsen zu werden.
Weil Raymond in Zaragoza weilte, um mit Pedro das ersehnte Bündnis zu schließen, und Roç auf weit entfernten Gütern Vasallen über Vasallen einschwor, hatten Meister Balthus und der Vogt die Begrüßung der Reisenden übernommen – und an ihrer Seite, an den Torbogen des Rittersaales gelehnt, stand Miraval, schlank und rank, das in der Mitte gescheitelte Haar zu einem Zopf gebunden, ein halb spöttisches, halb verlegenes Lächeln im markanten Gesicht. Er verbeugte sich vor Sancha, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen.
Sanchas Herz raste und ihre Knie wurden weich. Mit jeder Begegnung faszinierte sie der Sänger mehr. Erstmals kam ihr der Gedanke, dass sie diesem Mann auf ewig verfallen sein könnte - und sie dachte an den Gesandten aus Navarra und leistete insgeheim bei ihrer Mutter Abbitte.
Am Abend, nach der Vesper, richtete sie es so ein, dass sie allein miteinander waren. Offen schilderte sie Miraval ihre Erlebnisse auf Servian, in Gellone und Montpellier - und er erzählte ihr im Anschluss daran vom Scheitern seiner eigenen Mission: „Meister Gibel habe ich nicht mehr gesehen“, beendete er seinen Bericht. „Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt. Ich warte täglich auf eine Nachricht.“
Froh, dass Miraval ihr wieder vertraute – er hatte vor dem Essen sogar Hagelstein freundlich begrüßt und ihr ein in kostbare Seide verpacktes Geschenk überreicht -, fasste Sancha nach seiner Hand. „Hinter diesem Tor muss sich etwas so Wertvolles oder Gefährliches befinden, dass gewisse Leute selbst vor Mord nicht zurückschrecken“, flüsterte sie.
Miraval nickte zustimmend. „Schon die Suche danach ist gefährlich. Doch wer das Spiel aufgibt, hat es verloren.“
Später lagen sie beieinander, genossen die verbotene Zweisamkeit. Es war wie vor ihrer Trennung und doch ganz anders. Sie küssten und streichelten sich bis zur Grenze ihrer Lust, flüsterten sich Worte ins Ohr, die diese überschritten, und Treueschwüre, von denen sie beide wussten, dass sie nicht zu halten waren. Und als Miraval endlich Sanchas Hüften anhob und in sie eindrang, dachte sie bei sich, es könne kein größeres Glück mehr für sie auf Erden geben.
Irgendwann lauschten sie schläfrig und eng umschlungen auf das durchdringende Geschrei der Pfaue, die draußen in den Gärten vor Unwettern warnten.
Da fragte Miraval nach Rosaire.
Sancha war sofort hellwach. "Du weißt über sie und Roç Bescheid?"
"Ich weiß viele Dinge, mein Liebes ..."
„Nun, von Montpellier aus sind wir noch einmal nach Servian geritten, um nach ihr zu sehen. Doch sie hatte noch nicht entbunden. Deshalb habe ich Petronilla bei ihr gelassen, die sich in Frauensachen auskennt. Mein Gemahl wird sicherlich nicht von mir erwarten, dass ich mithelfe, seinen Bastard auf die Welt zu bringen“, fügte sie recht zynisch an.
Weil Miraval ihr nicht sofort antwortete, löste sie sich von ihm und setzte sie sich auf.
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