Sadako will leben by Karl Bruckner

Sadako will leben by Karl Bruckner

Autor:Karl Bruckner [Bruckner, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendroman
Herausgeber: G&G Verlagsgesellschaft mbH
veröffentlicht: 2005-06-28T22:00:00+00:00


Bis zu seiner Einziehung zum Militärdienst war Herr Sasaki Eigentümer eines kleinen, aber sauberen Barbierladens gewesen. Er hatte viele Kunden gehabt. Von einem Gehilfen unterstützt, war Herr Sasaki, pausenlos beschäftigt, vom frühen Morgen bis spätabends im Laden gestanden. Er hatte sich keine Hoffnungen gemacht, als Barbier ein Vermögen zu erwerben. Hätte er das geglaubt, wäre er entweder ein schlechter Rechner oder ein Träumer gewesen. Der Laden hatte sich in der Vorstadt befunden. Die Kunden waren Arbeiter gewesen, Händler, Chauffeure, Schiffsleute, Fischer. Diese Leute wollten billig bedient sein. Weil jedoch Herr Sasaki nicht nur fleißig, sondern auch sparsam gewesen war, hatte er immerhin das Holzhaus, in dem er zu jener Zeit als Mieter wohnte, mit eigenen Mitteln erworben und durfte hoffen, nach einigen Jahren seinen Plan ausführen zu können, dem Barbierladen ein öffentliches Badehaus anzugliedern. Der Krieg mit seinen Folgen hatte Herrn Sasakis Plan zunichtegemacht. Er dachte nicht einmal mehr daran, als er, vom Militär entlassen, nach langem Suchen und vielem Fragen den Platz gefunden glaubte, auf dem sein Haus einst stand. Die ungeheure Druckwelle nach dem Donnerblitz hatte alle Wohnstätten dieses Viertels pulverisiert. Man hätte diese Wüstenei nicht einmal ein Ruinenfeld nennen können, denn es gab nur eine glatte Fläche ohne Anzeichen einer ehemaligen Siedlung.

Der heimgekehrte Soldat Sasaki war damals in unsagbarer Verzweiflung auf die Knie gefallen und hatte mit bloßen Händen den rußschwarzen Boden aufgegraben. Er wollte wenigstens einige Aschenstäubchen von seiner Frau und seinen Kindern finden. Einen halben Tag und eine ganze Nacht war er dann auf diesem Platz hocken geblieben und hatte die Götter seiner Väter beschworen, ihn sterben zu lassen. Er wollte dieses grausame Leben nicht weiterführen. Am Morgen nach jener Nacht war er entschlossen gewesen, sich selbst das Leben zu nehmen, weil ihn seine Götter nicht erhören wollten. Er hatte Flüche zum Himmel geschrien, mit den Fäusten gedroht und den Kopf in wilder Verzweiflung gegen die verbrannte Erde gestoßen.

Später, im Morgengrauen, sieht er Menschen vorbeischleichen. Menschen, die, in Fetzen gehüllt, hautüberzogenen Gerippen gleichen. Die dahinwanken, als wären sie von Gräbern auferstanden. Manche sind von schrecklichen Brandwunden entstellt, andere stützen sich auf Geblendete. Immer mehr solcher Unglücklicher kommen aus ihren nächtlichen Schlupfwinkeln und trotten an dem Mann vorüber, der gesund und stark auf dem Boden hockt und den Tod herbeisehnt. Abgelenkt von diesem geisterhaften Anblick Überlebender der Katastrophe, vergisst der entlassene Soldat Sasaki für eine Weile seine eigene Not. Er will wissen, wohin diese Elenden ziehen und schließt sich einer Gruppe an. Ihr Ziel ist das nur halb zerstörte Hafenviertel. Dort wühlen diese Menschen in Schutthaufen. Er sieht Kinder angeschwemmten, faulenden Tang essen. Andere kratzen Muscheln von der Kaimauer und verschlingen das Innere mit dem Heißhunger gieriger kleiner Wölfe. Und dann sieht er einen Jungen. Er watet im Uferschlamm eines Flussarmes. Man merkt: Der Junge tastet mit den Zehen nach festen Gegenständen. Wenn ihm etwas der Mühe wert scheint, bückt er sich und holt aus dem Schlamm ein Stück Draht, eine Blechdose, einen Seilrest, ein mit Wasser vollgesogenes Stück Holz. Was er findet, schleudert er ans Ufer.



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