Rosé Pompadour by Tom Wolf

Rosé Pompadour by Tom Wolf

Autor:Tom Wolf [Wolf, Tom]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bebra
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


XIX

Zwei Stunden später war der Graf im Besitz einer exorbitanten neuen Münzkollektion und saß freudig-zusammengesunken, mit geschlossenen Augen in der Ecke des Kutschkastens. Seine geliebte Biche döste auf seinem Schoß. Nur ab und an, wenn die Fahrt in der Kutsche sehr holperig wurde, hob sie kurz den schlanken, spitzen Kopf.

Nach einem heftigen Gewitter gegen vier Uhr des Mittags war aus dem harten, verkrusteten Boden in den Straßen eine Art Moor geworden, in dem Fußgänger ausrutschten und Pferde stecken blieben. Friedhofsgeruch hing über der Stadt. Die Pariser strauchelten und ruinierten sich reihenweise ihr Schuhwerk, was Langustier auf den Gedanken brachte, Barthélemy nach dem ominösen Schuhmacher mit dem Kürzel A. CH. zu fragen. Der Abbé sagte sofort:

»Das kann nur Antoine Chaval in der Rue de Cléry sein. Der beste seiner Zunft in ganz Paris übrigens!«

»Würden Sie diesen Umweg noch mitmachen?«

Barthélemy nickte, und Langustier lugte zum Grafen, der ganz offensichtlich mit allem einverstanden war, wenn die Kutsche nur in gemächlicher Bewegung blieb. Langustier holte den Leinenbeutel unterm Sitz hervor, in dem sich die Schuhe des Mörders befanden, öffnete das Kutschfenster und rief dem Kutscher das neue Ziel zu.

Die Rue de Cléry war zum Glück das Gegenteil des Sumpfes, in dem sie auf der Jagd nach dem geprägten Gold unterwegs gewesen waren. Links und rechts des Eingangs von Chavals vornehmem Laden türmte sich allerfeinste Chaussüre in schützenden Glaspyramiden.

»Monsieur Chaval, mein Kompliment!«, sagte der Abbé beim Eintreten. »Sie sollten nach Paris gehen – der König von Frankreich wird Sie mit Gold überschütten für Ihre Kreationen …«

Chaval, ein dicker Mann in grüner Seide, mit roter Perücke und goldenen Schuhen, lächelte bei diesem plumpen Scherz, denn er war der Hoflieferant für Chaussüre. Nicht nur König und Königin kauften bei ihm – ganz Versailles bildete seine Kundschaft. Die beiden Männer kannten einander, wie Langustier aus der innigen Umarmung schloss.

»Ich glaube, Paris wäre nichts für mich!«, sagte Chaval, indem er Langustier die Hand schüttelte und augenzwinkernd hinzufügte: »Es soll sehr viel Schmutz auf den Straßen geben. Ich könnte es nicht ertragen, die feinen Goldstoffe auf meinen Schuhen dem übel riechenden gelbbraunen Dreck ausgesetzt zu sehen …«

Er zog ein paarmal angewidert Luft durch die Nüstern, um übergangslos mit dem größten Ernst den Fuß des ihm Unbekannten zu taxieren. Offenbar dachte er, der Abbé wolle ihm einen neuen Kunden zuführen:

»Sie haben einen kleinen, aber breiten Fuß, mein Herr. Sie stehen viel, auf hartem Untergrund. Und doch tragen Sie da an Ihren geplagten Füßen ein Etwas, das sich hier schnell in Wohlgefallen auflösen wird. Ich würde Ihnen statt dieses rauen und wenig beständigen Wildleders eher zu gestrichenem und lackiertem Glattleder raten. Das hält der Feuchtigkeit und auch dem Druck besser stand. Ein Halbstiefel mit flachem Absatz wäre genau das Richtige für Sie, denn damit sinkt man nicht so ein, vor allem, wenn man unsere Statur hat.« Er ließ seine manikürte Hand vergleichend zwischen Langustier und sich hin- und herfahren. »Wir brauchen einen festen Stand. Auch sollte der Schuh nicht zu schmal ausfallen, denn unser Fuß liebt keine Enge.«

»Ich dachte an etwas in der Art«, sagte Langustier und holte die Mord-Schuhe aus dem Beutel.



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