Robert Enke by Ronald Reng

Robert Enke by Ronald Reng

Autor:Ronald Reng [Reng, Ronald]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
Herausgeber: Piper Verlag


Eines Mittags in Barcelona kam Robert Enke vom Geächtetentraining nach Hause. Eine ihrer Katzen starrte ihn vom Balkon aus an. Er starrte zurück und sah nur sein eigenes Versagen. Er hatte morgens vergessen, ein Fenster zuzumachen. Nicht einmal das schaffst du, schimpfte er sich.

»Wenn die Katze abgehauen ist«, sagte Teresa und unterdrückte die Ungeduld, »dann lass sie einfach wieder rein.«

Er starrte weiter zum Balkon.

Er hatte das Gefühl, man stelle ihn auf die Probe. Der Kühlschrank funktionierte nur noch im unteren Drittel. Der Fernseher im Schlafzimmer streikte. Vier Tage später musste die Spülmaschine abgeholt werden. Wo er auch hinsah, warteten Prüfungen auf ihn, Dinge, die erledigt werden mussten, die zu groß, zu viel für ihn waren. Er dachte den ganzen Tag an Kühlschränke, Fernseher, Spülmaschinen, die repariert werden müssten, und schaffte es nicht, einen Techniker zu rufen.

Mit seinem Leben war es wie mit dem Kühlschrank. Er dachte den ganzen Tag daran, wie er es reparieren sollte, und konnte keine Antworten finden, weil er sofort negative Konsequenzen sah: Sollte er ein paar Monate nach Deutschland in eine Klinik gehen? Dann würde er Teresa verlieren, wenn er sie alleine ließ. Sollte er in Barcelona bleiben und weiterhin auf Doktor Geldschläger und die Tabletten hoffen? Dann würde er Teresa verlieren, weil er ihr auf die Nerven ging. Sollte er anstreben, in der Wintertransferperiode wieder bei einem Verein unterzukommen? Da würde er nur wieder versagen. Sollte er mit dem Fußball aufhören? Was sollte er denn dann machen?

Nach dem Mittagessen werde ich immer müde, ich will nur noch ins Bett, aber sich einfach so hinlegen verschlimmert alles nur.

Das war die Logik, die sein Gehirn, zu einem schwarzen Schacht reduziert, noch zuließ: Er hatte morgens keine Lust, irgendetwas an diesem Tag zu machen, und hasste sich am Abend dafür, nichts zustande gebracht zu haben.

Als er eines Morgens zum Training fuhr, dachte er, niemand wartet auf dich, niemanden interessiert, was du machst. Da drehte er einfach um. Gegen Mittag kam Teresa von ihrer Arbeit im Tierheim zurück. Die Rollläden an ihrem Haus waren heruntergelassen.

Er hatte sich im Bett vor der Welt verkrochen. »Raus«, sagte Teresa. »Robbi, aufstehen!« Sie hatte gelernt, dass Liegenbleiben die größte Sehnsucht und gleichzeitig das Schlimmste für Depressive ist, sie wusste, es war richtig, ihn aus dem Bett zu scheuchen. Und trotzdem war es unerträglich, ihn anzuschreien, ihn so zu behandeln.



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