Projekt Armageddon (German Edition) by Susanne Gerdom

Projekt Armageddon (German Edition) by Susanne Gerdom

Autor:Susanne Gerdom [Gerdom, Susanne]
Die sprache: deu
Format: mobi
Herausgeber: edition nusquam
veröffentlicht: 2012-08-04T16:00:00+00:00


7

Kennst du, Kind, meinen Zorn? Verzage dein Mut,

wenn je zermalmend auf dich stürzte sein Strahl!

Hels dunkles Reich. Zwischen Norðri* und Suðri, von Austri zu Vestri hat er es durchwandert, jeden Stein, jede Felsritze, jedes Fleckchen blanke Erde, jeden Saal, jede Kammer – alles, alles durchsucht, mit allen Sinnen ertastet, auf der Suche nach dem Mauseloch, durch das eine winzige Flamme, eine wabernde Lohe sich zwängen und die andere Welt erreichen kann. Die Welt, die ihm, dem Gott, sich entzieht und verschließt, der er nachjagt wie ein Hund seinem eigenen Schwanz – vergeblich, vergeblich.

Er sitzt auf einem Stein und sucht Halt an seinem Speer. Müde bis ins Mark seiner Knochen, ermattet bis auf den Grund seiner Seele, spürt er die Sterblichkeit, die erbarmungslos, unaufhaltsam näher und näher rückt, mit Spinnenfingern nach ihm greift, ihn zu fassen, zu halten, zu fesseln sucht. Noch läuft er ihr davon, auch wenn jede Berührung ihrer kalten Finger ihm ein wenig von seiner Essenz raubt. Er meint, leichter geworden zu sein. Über weniger an Substanz zu verfügen als früher. Molekül für Molekül hat er verloren an die Graue Herrin, die Zeit. Der Tag ist nicht mehr fern, an dem er ihr nicht mehr entkommen wird, an dem er sich ihrer kalten Umarmung wird ergeben müssen. Der Morgen, der ihn auf seinem Lager finden wird, zu schwach, um sich zu erheben und seinen Blick über die Welten wandern zu lassen, die einst vor ihm sich neigten, vor seinem Zorn zitterten, in seines Auges Strahl erblühten.

Ein langer Atemzug hebt seine Brust. Noch lebt er und noch hat die erbarmungslose Zeit ihn nicht in die Knie zwingen können. Aber noch nie zuvor hat es ihn so verlangt, Iduns goldene Äpfel noch einmal zu kosten, ein einziges Mal nur, um einmal noch die Kraft seiner Jugend zu spüren und mit ihr in den letzten Kampf zu ziehen und dort zu sterben.

Er stemmt sich in den Stand, steht wankend, mit gesenktem Haupt. So wird er sich also auf das letzte Schlachtfeld schleppen, ein Spottbild dessen, was er einst gewesen.

Auf, sagt er sich lautlos. Gönne dem Feind nicht die Genugtuung, dich winseln und zittern zu sehen. Alter Gott, kämpfe deinen letzten Kampf! Und wenn du fällst, dann vergehe, wie du gelebt – als Blitz, nicht als Jammern!

Er hebt den Kopf, strafft die Schultern. Blickt in loderndes, spöttisch zischendes Feuer, das eine Menschengestalt umtanzt.

»Wer bist du?«, ruft er und packt den Speer fester. »Loki?« Und noch während er fragt, weiß er, dass nicht der Bruder vor ihm steht.

Das Wesen wirft den Kopf in den Nacken. Augen wie brennende Kohlen starren ihn an. Ein Mund, dunkle Öffnung in gleißendem Glast. Er glaubt, Lippen zu sehen, die brennende Zunge, schimmernde Zähne. Die Feuerzunge schießt aus dem Mund, ehe er sich versieht und seine Schulter beginnt zu brennen. Er spürt die Hitze, aber noch mehr spürt er das Brennen seines rasenden Geistes. Was ist dieses Wesen? War er im Irrtum? Ist dies sein Ende, findet er es hier, tief unter den Wurzeln der ragenden Esche?

Seine Hand



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