Parasiten by Marina Heib

Parasiten by Marina Heib

Autor:Marina Heib [Heib, Marina]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783492953924
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Berlin.

»Sie sind also der Hamburger Polizist, der mich heute Nachmittag am Telefon ›ignorante Kuh‹ genannt hat.« Die Oberschwester der Intensivstation besah sich Christians Dienstausweis.

»Tut mir leid, ich stand unter Schock. Maxym ist ein ganz alter Freund von mir. Quasi ein Bruder.« Christians Chancen, einen Intensiv-Patienten als Polizist aufzusuchen, standen schlecht, also verlegte er sich aufs Lügen.

Die Oberschwester betrachtete Christian misstrauisch. »Da werde ich erst mal seinen Sohn fragen, ob das stimmt.«

»Danylo ist hier?«, fragte Christian überrascht. Von diesem Glück hatte er kaum zu träumen gewagt. »Bringen Sie mich sofort hin, und dann lassen Sie mich bitte allein mit der Familie!« Er legte das ganze Gewicht seiner natürlichen Autorität in den Satz. Es funktionierte. Die Oberschwester brachte ihn zum Zimmer. »Fünf Minuten«, sagte sie, um einen letzten Rest ihrer eigenen Macht auszuspielen.

Zu Maxyms Zimmer gab es eine Glasscheibe. Der grüne Vorhang war zurückgezogen. Christian konnte Danylo am Bett seines Vaters sitzen sehen. Er saß mit gekrümmten Rücken und hielt Maxyms Hand. Maxym hing an einer Infusion, in seinem Mund steckte ein Schlauch. Er war nicht bei Bewusstsein.

Leise öffnete Christian die Tür und ging hinein. Danylo blickte verwundert hoch. Christian sah ihn zum ersten Mal, bislang kannte er nur ein veraltetes Passfoto. Danylo war nicht anders als schön zu nennen. Wilde, schwarze Locken fielen ihm in die Stirn, seine großen Augen besaßen die Farbe von Bitterschokolade und waren von dichten, langen Wimpern umrahmt. Das Gesicht war blass – er sah aus wie ein männliches Schneewittchen.

»Guten Tag. Ich bin Christian Beyer, Kriminalhauptkommissar aus Hamburg.«

»Sie haben mir ein paar Mal aufs Band gesprochen. Was wollen Sie hier?«

»Ich war mit Ihrem Vater in Moldawien. Weil wir weder Sie noch Sofia Suworow erreicht haben. Woher wussten Sie, dass Maxym hier ist?«

»Der türkische Gemüsehändler, bei dem er immer eingekauft hat, hat es mir gesagt. Mein Vater ist bei ihm im Laden zusammengebrochen.«

»Wie schlimm steht es um ihn?«

Danylo wollte antworten, doch Maxyms Hand krampfte sich plötzlich um die seine. Seine Augen fingen zu flattern an. Danylo sprach leise, aber eindringlich auf Russisch zu ihm. Es klang so ähnlich wie »Papa, prosnis, prosnis«.

Maxym öffnete die Augen. Als er Danylo erkannte, liefen ihm Tränen die Wangen herunter. Er wollte sprechen, doch es kam nur ein heiserer Gurgellaut aus seiner Kehle. Danylo redete unaufhörlich auf Russisch. Es klang gleichzeitig streng, flehend und zärtlich. Fast war es Christian unangenehm, diesen intimen Moment zwischen Vater und Sohn zu stören. Doch die beiden beachteten ihn nicht im Geringsten. Danylo hielt mit beiden Händen die Hand des Vaters umklammert. Auch er weinte nun.

Eine der Maschinen, an die Maxym angeschlossen war, fing wie wild zu piepen an. Soweit Christian das beurteilen konnte, handelte es sich um das Kontrollgerät zu Maxyms Herzschlag. Auch ohne medizinische Kenntnisse spürte man die Bedrohung. Danylo begann laut nach einem Arzt zu schreien, Christian lief hinaus auf den Flur und rief ebenfalls um Hilfe. Die Oberschwester kam angerannt, direkt hinter ihr folgten zwei junge Ärzte. Sie warfen einen Blick auf die Maschine und den Patienten, der sich in seinem Bett aufbäumte und Schaum vor den Mund bekam.



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