Ochsenkrieg by Ludwig Ganghofer

Ochsenkrieg by Ludwig Ganghofer

Autor:Ludwig Ganghofer [Ganghofer, Ludwig]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2017-03-15T00:00:00+00:00


2

Von Staub umwirbelt, mit pludernden Hemdärmeln, die rot gesprenkelt waren, hetzte Malimmes auf dem Ingolstädter Gaul dem zerstörten Hallturm entgegen. Dem Erschöpften drohten die Kräfte zu erlöschen. Manchmal verzog er das Gesicht, weil ihm das verkrustete Blut die Haut spannte. Und manchmal lachte er wie ein Berauschter vor sich hin. Den fremden Bidenhänder hatte er quer vor dem Sattel liegen. Die mächtige Klinge war ein bißchen rot geworden. Bei den letzten Häusern von Berchtesgaden hatte dem Malimmes eine Wache mit vier Spießen den Weg versperren wollen. Dann hatte ihm kein Hindernis mehr den jagenden Ritt gestört. Über die Stillen, die auf der Straße lagen, sauste der Gaul ohne Zuck hinüber. Er scheute auch nicht vor den Brandruinen, nicht vor den Leuten, die bei den qualmenden Haustrümmern stumpf und ruhig auf der Erde saßen.

Von Rauch umkräuselt, von aufgeregten Dohlen und Tauben umflattert, tauchten die Reste des Hallturmes über die Wiesen herauf. In der Torhalle war’s öd und still. Alles Leben fehlte. Und die Toten hatte man, um Platz für den Rückzug der Bayrischen zu schaffen, aus dem Torweg herausgezerrt in den Burghof. Hier und entlang der Mauer, lagen sie in der bratenden. Sonne und mahnten schon fürchterlich an die Düfte des Vergänglichen. Sie waren wie friedsame Schläfer nur mit dem Hemd bekleidet; was sie sonst am Leibe getragen hatten — Kleider, Wehr und Waffen —, alles war verschwunden.

Dem Malimmes, der an den Graus der Schlachtfelder gewöhnt war, rann beim Anblick dieses vom Tode besetzten Burghofes kein Schleier des Grauens über die Augen. Als Kriegsmann erriet er, daß diese Schläfer auf ihre Gräber warten mußten, um den heiligen Peter und seinen Freund Salzburg durch die Pflichten der Pietät einen Tag lang vom Sturm auf den Fuchsenstein und die Feste Plaien abzuhalten. Herr Seipelstorfer, der den Nachmarsch des Feindes durch jeden Behelf verzögern wollte, hatte auch die Zugbrücke zerstören lassen. Der tiefe Wassergraben sperrte den Weg des Malimmes. Ein Faustschlag: »Spring, Rössel!« Und der Ingolstädter, der von Herzog Ludwigs Falkenjagden an kalte Bäder gewöhnt war, klatschte mit mächtigem Satz in das grüne Wasser hinunter. Als das weiße Geschäum zerfloß, war unter dem Wasserspiegel ein wunderlich geformter, heftig arbeitender Riesenfrosch zu sehen. Jetzt tauchte ein triefender Menschenkopf, ein triefendes Tierhaupt, an die Luft, Malimmes schleuderte den Bidenhänder ans Ufer, stieg mit den Füßen auf den Sattel des schwimmenden Gaules, sprang an das Land und half dem schlagenden Pferd aus dem Wasser heraus. Ein Griff nach dem Bidenhänder. Und wieder hinauf und davon durch das weißgraue Aschenfeld des niedergebrannten Waldverhaues.

Das kalte Wasser hatte dem Malimmes die müden Kräfte ein erfrischt und säuberlich alle Blutflecken vom Hemde, vom Gesicht und aus den Haaren fortgewaschen. »Gott sei Lob und Dank! Jetzt wird der Bub nicht erschrecken vor mir.« Er schüttelte sich in der Sonne.

Hinter dem Aschenfeld arbeiteten Kriegsknechte und Schanzbauern an einem neuen Sperrwall, der schon übermannshoch gewachsen war. Und auf dem Fuchsenstein gewahrte Malimmes ein Geblitz von Waffen und die Verschanzungen der drei Geschütze. In seiner Freude hob er den Bidenhänder und tat einen gellenden Schrei. Waren die Kammerbüchsen noch da, so waren auch Jul und Runotter nicht weit.



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