Nachts ist unser Blut schwarz by David Diop

Nachts ist unser Blut schwarz by David Diop

Autor:David Diop
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau digital
veröffentlicht: 2019-06-26T00:00:00+00:00


15

Fräulein François, eine der zahlreichen ganz in Weiß gekleideten Töchter von Doktor François, sah mich an wie Fary Thiam mich am brennenden Fluss angesehen hatte, an dem Abend, als sie wollte, dass wir zusammen schlafen. Ich lächelte Fräulein François an, auch sie ist eine sehr schöne junge Frau. Fräulein François hat blaue Zwillingsaugen. Fräulein François erwiderte mein erstes Lächeln, und ihr Blick blieb auf die Mitte meines Körpers gerichtet. Fräulein François ist nicht wie ihr Vater, der Arzt. Bei der Wahrheit Gottes, sie hat Leben in sich. Fräulein François sagte mir mit ihren blauen Zwillingsaugen, dass sie mich sehr schön fand, von oben bis unten.

Aber wäre Mademba Diop, mein Seelenbruder, noch am Leben gewesen, hätte er mir gesagt: »Nein, du lügst, sie hat dir nicht gesagt, dass du schön bist. Fräulein François hat nicht gesagt, dass sie dich will! Du lügst, das ist falsch, du sprichst nicht mal Französisch!« Aber auch ohne Französisch kann ich die Sprache der Augen von Fräulein François verstehen. Bei der Wahrheit Gottes, ich weiß, dass ich schön bin, alle Augen sagen es mir. Die blauen Augen und die schwarzen Augen, die Augen der Männer und die Augen der Frauen. Die Augen von Fary Thiam haben es mir gesagt, genau wie die aller anderen Frauen aus Gandiol, egal, wie alt sie waren. Die Augen meiner Freunde, der weiblichen und männlichen, haben es mir immer gesagt, wenn ich fast nackt auf dem Sandplatz beim Ringen war. Sogar die Augen von Mademba Diop, meinem Seelenbruder, diesem mickrigen Kerlchen, diesem Hungerhaken, konnten nicht anders und sagten mir, dass ich bei meinen Ringkämpfen der Schönste war.

Mademba Diop hatte das Recht, mir alles Mögliche zu sagen, auch sich über mich lustig zu machen, weil die Scherzverwandtschaft es ihm erlaubte. Mademba Diop durfte ironisch sein, mich mit meinen Eigenheiten aufziehen, weil er mein Seelenbruder war. Aber bei der Wahrheit Gottes, über mein Aussehen hatte Mademba nie etwas zu sagen. Ich bin so schön, dass, wenn ich lächelte, alle Leute, außer den Gemarterten im Land vom alten Niemand, zurücklächelten. Wenn ich meine sehr, sehr weißen und geraden Zähne zeigte, konnte sogar Mademba Diop, der größte Spötter, den es je auf Erden gegeben hat, nicht anders und entblößte seinerseits seine schlechten Zähne. Aber bei der Wahrheit Gottes, Mademba hätte nie zugegeben, dass er mich um meine schönen, sehr, sehr weißen Zähne, meine Brust und meine sehr, sehr breiten Schultern, meine Taille, meinen flachen Bauch und meine sehr muskulösen Beine beneidete. Mademba begnügte sich damit, mir mit seinen Augen zu sagen, dass er mich gleichzeitig beneidete und liebte. Madembas Augen sagten mir immer, wenn ich vier Kämpfe in Folge gewonnen hatte und im Mondschein von der Menge meiner Verehrerinnen und Verehrer gefangen war, von dunklem Licht überronnen, dann sagten sie mir: »Ich bin neidisch auf dich und liebe dich.« Seine Augen sagten mir: »Ich wäre gern du, und ich bin stolz auf dich.« Wie alles hier auf Erden war Madembas Blick auf mich ein doppelter.

Derweil, weit entfernt von der Schlacht, in der ich meinen Seelenbruder



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