Mythos Motivation by Reinhard K. Sprenger
Autor:Reinhard K. Sprenger [Sprenger, Reinhard K.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Führung; Motivation; Mangement; Manager; Mitarbeiterführung; Mitarbeitermotivation; Unternehmen; führen; Anreize
ISBN: 978-3-593-42448-4
Herausgeber: Campus
veröffentlicht: 2014-10-15T00:00:00+00:00
Gegen-Reden
»Alles Motivieren ist Demotivieren« â dieser zentrale Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch meine Argumentation; und aus dem roten Faden kann für viele schnell ein rotes Tuch werden. Es wäre naiv zu glauben, man dürfe ungestraft ein inzwischen moralisch neutralisiertes, als »erfolgreich« ausgewiesenes und strukturell »sicheres Wissen« infrage stellen; man dürfe Sicherheit gebende Schweigeverabredungen dieser GröÃenordnung durch kritische Wachheit durchbrechen und Mehrdeutigkeiten zur Debatte stellen. Gegen das Querdenken läuft in nahezu allen Organisationen, wenn ich es richtig sehe, schnell ein Ermittlungsverfahren wegen mangelnder Ordnungsliebe, wegen (wortwörtlich:) un-wirtschaftlicher Träumerei, wegen mutwilliger Entfernung von der Truppe. In manchen Diskussionen erscheint mir aber der besondere Eifer, mit dem eine kritische Ãberprüfung der Motivierung abgelehnt wird, als ein Versuch, die eigene Verstrickung, die Unterwerfungsbereitschaft unter den Zynismus der Motivierung ungeschehen zu machen. Gleichmacherei! Abkehr vom Leistungsprinzip! Kollaboration mit der Lethargie! Und viele ähnlich weitherzige Stempel werden dem aufgedrückt, der die Logik der Motivierung zu Ende zu denken versucht. Manche riechen gar den Schwefelgeruch sozialistischer Revolte. Dabei wäre der einzige Vorwurf unangemessener Radikalität, den ich hier gelten lieÃe, der im Namen der Leistung.
Natürlich: Seit Urzeiten empfanden Menschen das Alte immer als das Wahre, das Neue als bedenklich. Man hat ja so seine Erfahrungen. Gegen den harthörigen Widerstand träger Gewohnheiten und bewährter Ansichten, vor allem gegen die sich anthropologisch gebenden Vorurteile â gegen ein misstrauisches Menschenbild anzureden ist ein schwieriges Geschäft, insbesondere dann, wenn man in den Dialog mit fast leeren Händen geht, lediglich mit dem Plädoyer für das bessere Argument. Hören wir einige Argumente dagegen:
»Würde denn nicht der Schlendrian Einzug halten, verzichtete man auf alle Anreizsysteme?« â Dagegen gibt es keine Garantie. Sie wäre jedoch auch unbrauchbar, weil jemand, der so fragt, ohnehin nicht an Garantien glaubt. Wahrscheinlich ist es aber nicht. Denn erstens wird eine stattliche Mehrheit der Mitarbeiter auch in Zukunft partout leisten wollen. Es gibt immer noch viele, die Spaà an ihrer Arbeit haben und trotz aller Motivierung/Demotivierung mit Leidenschaft ihre Projekte meistern. Genau diese finanzieren letztlich die Kosten der Motivierung: die Gehälter der verkrampften Erfolgssucher und der frustrierten Misserfolgsvermeider.
Was bleibt, ist ein betriebswirtschaftliches Problem von mäÃiger Schwierigkeit: Die Kosten, die ein Unternehmen für die Anreizsysteme aufbringt, dürfen nicht höher sein als die Produktivitätssteigerung, die sie erzeugen sollen. Gerade hier wurzelt die alte Intuition, dass der Gewinn die Qualität eines Unternehmens bemisst. Gewinn, allerdings begriffen als Unterschied zwischen dem produzierten Wert und dem Wert der für den Produktionsprozess nötigen Anreize. Dieser so verstandene Gewinn drückte aus, inwieweit Menschen ihre Motivation in diesem Unternehmen entfalten können. Ein wichtiger Hinweis für die Gestaltung der Unternehmenskultur!
Für eine abschlieÃende Antwort aber reicht unser Wissen natürlich nicht aus. Es ist allerdings die Frage, ob Gedanken nach ihrer vorhersagenden oder eher nach ihrer schöpferischen Kapazität bewertet werden sollten: danach, ob sie Debatten stimulieren, hinterfragen, was als gegeben gilt, und neue Perspektiven für das Leben in unseren Unternehmen anbieten.
»Aber die Motivierung funktioniert doch!« â Was hier als »gegeben« aussieht, ist »vorgeblich«. Natürlich sind Menschen manipulierbar. Natürlich können Sie Mitarbeiter mit einigen Geldscheinen oder einer attraktiven Reise dazu verführen, »zusätzliche« Leistung zu erbringen.
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