Miss Wyoming by Coupland Douglas

Miss Wyoming by Coupland Douglas

Autor:Coupland, Douglas [Coupland, Douglas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-02-05T00:00:00+00:00


Kapitel Zwanzig

Als John noch klein war, damals in New York, und in die dritte Klasse ging, nahm an einem der Tage, an dem er nicht krank gemeldet war, ein Mathelehrer namens Mr. Bird, der außerdem als Sport- und Vertrauenslehrer fungierte, die gesamte bibbernde dritte Klasse mit hinaus auf den Schulhof. Er machte die Schüler auf weiße Kreidemarkierungen aufmerksam, die ein großes Quadrat begrenzten. Auf jeder dieser Markierungen positionierte er einen Schüler, und sobald alle auf ihren Plätzen standen, brüllte er folgende Worte in ein Megafon, das er mitgenommen hatte: »Kinder, seht euch diese Fläche vor euch genau an. Das nennt man einen Hektar. Den Rest eures Lebens werdet ihr Menschen über Hektar sprechen hören. Fünf Hektar. Dreitausend Hektar. Anderthalb Hektar. Nun, das hier ist ein Hektar. Seht ihn euch genau an. Prägt ihn euch fest ein, denn dies ist das einzige Mal in eurem Leben, dass ihr einen unverfälschten, hundertprozentig reinen Hektar zu Gesicht bekommt.«

John konnte sich genau an diesen Hektar erinnern - kalt, nass und zertrampelt. Seine Größe war ihm tatsächlich im Gedächtnis haften geblieben, und als er kreuz und quer durchs Land wanderte, sah er nichts als Hektare, in allen Himmelsrichtungen, jeder hundertprozentig rein, hundertprozentig leer und die meisten herrenlos. Er war inzwischen zu einem echten Niemand geworden, das Land gehörte ihm. In seinen wenigen guten Momenten fühlte er sich wie ein König, aber diese Momente wurden seltener, je tiefer er in die amerikanische Landschaft abtauchte. Mit dem Sex war es vorbei. Die meisten Arten der Kommunikation waren verstummt. Frauen verschwanden aus seinem Leben, und er vermisste sie mit einer dumpfen heimwehähnlichen Sehnsucht. Er erhaschte nur noch flüchtige Blicke auf sie - gepflegt, gesund, klare Ziele vor Augen und meistens hinter einem sich eben schließenden Autofenster. John wusste, dass er zu jemandem geworden war, vor dem ihre Mütter sie gewarnt hatten. Er sehnte sich nach ihrer Gesellschaft, nach ihrer Fähigkeit, zu vergeben und Anteil am Leid anderer zu nehmen, nach ihrem Hang zu lachen und amüsiert zu sein. Er sehnte sich nach seiner Mutter, nach Nylla und sogar nach den Zwillingen aus Florida, deren Namen er vergessen hatte.

Fast alle Nobodys, die er sah, waren Männer. Frauen, dachte er, haben so viel mehr Möglichkeiten, zu ihrer Umwelt in Beziehung zu treten - Kinder, Familie, Freunde. John beherrschte die Kunst, den Leuten in die Augen zu sehen und auf einen Blick zu erkennen, ob sie etwas von ihm wollten. Niemand schaute ihn mehr so an. Er war jedoch nicht darauf vorbereitet zu erkennen, wenn sie ihm etwas geben wollten. Manchmal bemerkte er, wie eine Frau ihn beobachtete, wenn er in einem Denny's von der Toilette zurück zum Tresen kam, oder in einem Supermarkt, während sie sich um quengelnde Kinder und Einkaufswagen kümmerte, die sich selbstständig gemacht hatten. Was hatten sie ihm zu bieten? Eine Mahlzeit und eine Dosis Liebe, damit er es bis zum nächsten Zwischenstopp schaffte? Frauen wurden für ihn zu Portalen zurück zu einem besseren Ort, den er offenbar immer übersehen hatte. Fünf betrunkene Dorf jugendliche in einem



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