Mein Chef Gorbatschow by Nikolai Ryschkow
Autor:Nikolai Ryschkow
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Das Neue Berlin
veröffentlicht: 2013-10-22T16:00:00+00:00
4. August 1991
Der August 1991 brach an – der Monat, der zum Kulminationspunkt der Zerstörung der UdSSR wurde. Analysiert man die damaligen Ereignisse, muss man zu dem Schluss kommen, dass die »Putschisten« kein klares programmatisches Ziel hatten. In die Aktionen des Staatlichen Komitees für den Ausnahmezustand (GKTschP) waren organisierte politische Kräfte nicht einbezogen. Das Politbüro wurde überhaupt nicht tätig, es nahm keinerlei Dokumente an, der »Putsch« traf die Partei überraschend.
Am 20. August befanden sich in Moskau etwa zwei Drittel der ZK-Mitglieder, aber das Sekretariat lehnte die Durchführung eines ZK-Plenums ab. Die nach dem August gegen regionale Parteiführer und einige ZK-Sekretäre eingeleiteten Vorgänge wurden wegen vollständiger Nichtbeteiligung dieser Organisationen an den Ereignissen in Moskau eingestellt. Der Großteil des Volk blieb unbeteiligt, was für die allgemeine Meinung spricht, dass es sich um einen politischen Konflikt zwischen kleinen Gruppierungen handelte.
Und sofort holte die siegreiche Seite zum tödlichen Schlag aus – gegen die KPdSU. Der engste Mitkämpfer Jelzins, Gennadi Burbulis, schrieb an Gorbatschow folgende Notiz:
»Im ZK der KPdSU geht die forcierte Vernichtung von Dokumenten vor sich. Erforderlich ist eine dringende Anordnung des Generalsekretärs, zeitweilig die Arbeit im ZK-Gebäude einzustellen. Juri Luschkow hat die Elektroenergie abgeschaltet. Kräfte für die Ausführung der Anordnung des Präsidenten der UdSSR und Generalsekretärs hat Luschkow. Burbulis.«
Und darüber steht als Resolution vom 23. August: »Einverstanden. M. Gorbatschow«.
Der zur Tagung des Obersten Sowjets geladene Gorbatschow wurde Opfer einer unwahrscheinlichen Erniedrigung durch Jelzin, seinen ehemaligen Partei-Mitkämpfer. Dieser wandte sich an ihn wie an einen zu belehrenden Schüler. Mitten im Sitzungsablauf, unter höhnischen Rufen der plötzlich zu Antikommunisten gewordenen Abgeordneten, unterschrieb Jelzin den Erlass zur Auflösung der KPdSU.
Diese ganze Aufführung wurde im Fernsehen gezeigt und vom Radio übertragen. Von jener Minute an gab es keinen Gorbatschow mehr, geblieben war nur seine leere Hülle. Er hatte dieses für unser Land tödliche Spiel verloren. Die sechs Jahre zuvor unter Fanfaren verkündete Perestroika war zerplatzt wie eine Seifenblase.
Am selben Tag fasste das Sekretariat des ZK den Beschluss, dass »das ZK der KPdSU die schwere, aber ehrliche Entscheidung über die Selbstauflösung treffen soll, über das Schicksal der kommunistischen Parteien in den Republiken und der örtlichen Parteiorganisationen bestimmen diese selbst«.
Am nächsten Tag stimmte Gorbatschow dem Verbot der Partei zu und rief, nachdem er seine Vollmachten als Generalsekretär abgegeben hatte, das ZK zur Selbstauflösung auf. So bestattete er die Partei, in der er seit jungen Jahren Mitglied war, die ihn durch das Leben führte und durch die er auf den höchsten Staatsposten kam. Und die Zerschlagung der Partei ebnete den Weg zur ungehinderten Vernichtung unseres Staates.
Kongresspalast des Kreml, 2. September 1991. Um 10 Uhr begann der Fünfte außerordentliche Kongress der Volksdeputierten der UdSSR. Die erste Sitzung dauerte nur zehn Minuten. Bevollmächtigt durch den Präsidenten der UdSSR und die Oberhäupter von zehn Republiken verlas Nursultan Nasarbajew (Regierungschef der Kasachischen SSR) eine spezielle »Erklärung«. Sie enthielt den Vorschlag an alle Republiken, sich, sofern sie es wünschten, darauf vorzubereiten, einen Vertrag über die Union Souveräner Staaten zu unterschreiben und unverzüglich eine ökonomische Union für das reguläre Funktionieren der Volkswirtschaft abzuschließen.
Anstatt des Kongresses der
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