Masuren - Mein Ort. Nirgends. Bericht meiner Reise in eine Provinz vergessenen Erinnerns. (German Edition) by Burkhard Wittek

Masuren - Mein Ort. Nirgends. Bericht meiner Reise in eine Provinz vergessenen Erinnerns. (German Edition) by Burkhard Wittek

Autor:Burkhard Wittek [Wittek, Burkhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Ostpreußen, Wolfsschanze, Masuren, Ortelsburg, Deutsche Geschichte, Weltkrieg, Allenstein, Kulturgeschichte
Herausgeber: Wiesenburg
veröffentlicht: 2013-10-12T22:00:00+00:00


Wir wollen Gottesfurcht anstelle von Selbstvergottung, Recht und Freiheit anstelle von Gewalt und Terror, Wahrheit und Sauberkeit anstelle von Lüge und Eigennutz.

Im deprimierenden Rundgang durch die Wolfsschanze, auf dem Weg von Gebäude zu Gebäude, von einem geborstenen Bunker zum nächsten, dachte ich über diese programmatische Formel der Attentäter nach, sah ich und las, wer in diesem und jenem Bunker oder Gebäude residiert, Nachrichten empfangen, Befehle erteilt und von höchster Ebene aus Mörderischem, Verbrecherischem seinen Segen erteilt hatte. Hier dachte ich an Stauffenberg, den Attentäter und Planer des Staatsstreichs, der uns in diesem Bekenntnis sehr nahe ist. Denn den Männern und Frauen des Widerstands setzte das Absolute, die Gottesfurcht als Ausdruck ihres Gewissens eine moralische Grenze. Aber was, dachte ich, verbindet und trennt den Reichskanzler und Führer Adolf Hitler vom Großen Kurfürsten in Heinrich von Kleists Schauspiel »Prinz Friedrich von Homburg«?

Jener zerreißt das getreu den Gesetzen verhängte Todesurteil gegen den Prinzen um der Liebe willen, indem er die auf individuellem Fühlen und Empfinden basierende Gewissensentscheidung der Individualität anerkennt und erkennt, dass der Prinz umgekehrt in der Entdeckung seiner staatspolitischen Verantwortung die Gesetze des Staates fortan achten muss: der Liebe zu einer Frau entspricht im Großen die Liebe zum gerechten Gemeinwesen. Im einen eröffnet der Große Kurfürst der Individualität die Freiheit zur Illoyalität gegen Führung und Vaterland aufgrund einer Gewissensentscheidung, im anderen erhält er die Loyalität gegen die Volksgemeinschaft und die Achtung ihrer Gesetze. Insofern verbindet Adolf Hitler und den Großen Kurfürsten nichts miteinander, den Prinzen von Homburg und Claus Schenk Graf von Stauffenberg vieles: Beide brechen den einmal geschworenen Eid um der Liebe willen mit vollem Recht, der eine aus Liebe zur Prinzessin, der andere aus Liebe zum Vaterland. Und beide sind darin keine Verräter, weil sie ihrem Gewissen und ihrer Verantwortung folgen. Stauffenberg widersteht darin einem verantwortungslosen, verbrecherischen Führer, ihm mit dem Vaterland in Vernichtung und Untergang zu folgen. Er begehrt auf, rebelliert, da Hitler kein Gewissen kennt, keine Verantwortung, kein Absolutes über ihm. Er setzt sich selbst an jene Stelle, die im 1. Reich, das bis 1806 bestand, noch 'heilig' hieß, was sich ab 1806 im 2. Reich noch auf das 'Gottesgnadentum' berief.

Am nächsten Tag. Weltenbrand. Es gibt also kein »gutes Gewissen«, kein »reines Gewissen«, das öffentlich ist oder öffentlich gemacht werden könnte. Es lebt allein in der verschlossenen Zurückgezogenheit des individuellen Selbst als höchste moralische Instanz. Es bleibt „innerliche Einsamkeit“, aus der heraus es erwächst, also immer verschlossen vor anderen. Keiner kann es einem anderen nehmen oder öffentlich zu machen abverlangen. Und wer Verantwortung übernimmt, übernimmt es vor allem vor seiner ganz persönlichen Gewissensentscheidung.

Daher kann eine Gesellschaft ohne Gewissen, ein Gemeinwesen ohne Freiheit der Gewissen seiner einzelnen Glieder keine freie sein; keine, die sich aus der Verantwortung des einzelnen tragen und dem Gemeinwohl dienen kann. Sie ist unfrei wie der einzelne in ihr selbst. Und sie kann zuletzt auch keine friedliche bleiben, weder nach innen noch nach außen. Sie muss, wenn sie gewissenlos sein will, Angst, Furcht und Terror verbreiten. Sie muss die einzelnen lähmen, ihr Gewissen und



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