Man lebt nur ewig by Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass

Man lebt nur ewig by Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass

Autor:Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks


20

Die nächsten zwei Stunden trieben dahin wie ein lang- sames Boot in Zombieland. Die meiste Zeit starrte ich nur vor mich hin. Ich versicherte einem besorgten und ziemlich humorlosen Dr. Darryl, dass ich keine Selbst- mordtendenzen hatte und er mich in dieser Woche nicht wieder zu Gesicht bekommen würde. Außerdem erklärte ich mich dazu bereit, einen Spezialisten für Schlafstörun- gen aufzusuchen und war nicht einmal überrascht, dass es so etwas gab. Doch als Vayl und ich die Notaufnahme verließen, warf ich das Kärtchen mit dem Termin in den Mülleimer.

»Warum hast du das getan?«, wollte er wissen.

»Der Termin ist in drei Wochen. Keine Chance, dass ich diese Alpträume so lange überlebe.«

Wir nahmen ein Taxi zurück zum Hotel. Ich wartete draußen, während Vayl mit der Rezeptionistin sprach. Es ging alles sehr höflich vonstatten. Zum Schluss schüttel- ten sie sich sogar die Hände, obwohl ich mir ein wenig Geschrei gewünscht hätte. Wenn sie wütend darüber ge- wesen wäre, dass ich ihr Fenster kaputt gemacht hatte, wäre ich mir nicht so irre vorgekommen.

Nachdem ich ihm versichert hatte, dass ich den Fuß- marsch zurück zum Wohnmobil schaffen würde, wünsch- te ich mir, ich hätte zugelassen, dass Vayl mich trug. Das hätte vielleicht sein Schuldgefühl ein wenig gedämpft, mit dem man im Moment die Vatikanstadt eine Woche lang mit Energie hätte versorgen können. Für mich ergab das keinen Sinn. Ich meine, er war ja nicht einmal dabei gewe- sen. Doch er hatte das Gefühl, dass er hätte dabei sein müssen. Es war diese sverhamin-Sache. Das wusste ich, ohne nachfragen zu müssen. Und Schuldgefühle, na ja, die spielen nie fair.

»Hast du Hunger?«, fragte er. »Wir könnten uns Sand- wiches holen.«

»Nein, mir geht’s gut.«

»Ist dir kalt?«

»Eigentlich nicht.«

»Müde?«

»Ein bisschen.«

»Du solltest schlafen«, sagte er und klopfte mit seinem Stock auf den Boden. »Egal.« Er ließ den Blick über mei- ne verbundenen Arme wandern. Dann über mein Bein.

»Es tut nicht weh«, erklärte ich ihm.

»Aber das wird es.« Oh ja, bald würde die Wirkung der Medikamente nachlassen, und dann wäre mein Körper nur noch ein einziges, riesiges Aua.

Was soll ich sagen? »Ich vergebe dir.« Das klingt arrogant. »Das hätte jedem passieren können.« Offensichtlich. »Das ist mein Problem.« Nicht, solange ich nicht für immer allein sein will. Doch es musste Worte geben, die den eisigen Ausdruck in Vayls Gesicht auftauen konnten, hin- ter dem sich das überwältigende Ich-habe-als-dein-Beschützer-versagt- Gefühl verbarg.

»Du bist mir eindeutig etwas schuldig«, sagte ich schließ- lich.

»Was?«

Ich berührte ihn am Arm, damit er stehen blieb und ich ihn lange und offen ansehen konnte. »Ich will nur ei- ne Entschädigung.« Ich grinste. »Und wenn es von mir kommt, weißt du, dass diese Entschädigung gemein aus- fallen wird.«

Er warf den Kopf zurück und lachte, gleichzeitig grim- mig und erleichtert. »Daran zweifle ich nicht. Also, gibt es schon erste Forderungen?«

»Ja, da wäre tatsächlich was. Könntest du mich in einem Punkt aufklären?«

»Ich kann es versuchen.«

»Wie viele Goldminen hast du genau beim Pokern ge- wonnen?«

Leichtes Anheben der Augenbraue. »Hast du wieder mit den anderen im Büro getratscht?«

»Antworten Sie einfach auf die Frage, mein Herr.«

»Eine. Die beiden anderen habe ich ungefähr zehn Jahre später gekauft.



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