Luzifers Plan by Manfred H. Rückert & Christian Schwarz

Autor:Manfred H. Rückert & Christian Schwarz
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
veröffentlicht: 2012-09-24T23:00:00+00:00

☆

Avalon

Tarunja lenkte ihren Flugsaurier etwa hundert Meter über die Oberfläche der Feeninsel. Ihr Blick ging über eine wunderschöne, fantastische Landschaft, in der sich Bäume, Wasserfälle und Seen bis hin zu den Gebäuden einer ihr wohlbekannten Ortschaft befanden. Die weißgelbe Sonne strahlte vom Himmel herab und erfüllte alles mit wohliger Wärme.

Tarunja blickte auf den Ozean. Über die Abschottung des Meeres, das Avalon umgab, wusste sie nichts, denn über diese Grenze war sie noch nie hinausgekommen. Aber es konnte sich weder bis in die Unendlichkeit ausdehnen, noch irgendwo abrupt aufhören. Mit Bäumen überwucherte Kalksteinfelsen befanden sich im Meer unter ihr. Welch ein fantastischer Ausblick! Einen Menschen würde die Landschaft ein wenig an die Halong-Bucht in Vietnam erinnern, die »Bucht des untertauchenden Drachen«, in der 1.969 große, teilweise bewachsene Kalkfelsen aus dem Wasser ragten. Es handelte sich dabei zumeist um unbewohnte Inseln und Felsen, von denen sich mehrere über hundert Meter hoch aus dem Wasser erhoben.

Die Gruppenführerin der Kriegerinnen hatte den Begriff Vietnam noch nie gehört, ebenso wenig wie Halong-Bucht. Sie hatte ihr ganzes Leben auf Avalon verbracht und wusste nur aus den Erzählungen von Besuchern, wie es auf anderen Welten aussah. Besucher wie beispielsweise Gwydd ap Olwuun, der vor einigen Monaten kurz hierher gekommen, bald aber wieder verschwunden war.

Tarunja vermisste den mitteilsamen Leprechaun und dessen Begleiter Chourun. Die Gespräche mit diesen beiden hatten stets für gute Unterhaltung gesorgt und Tarunja andere Welten nahe gebracht.

Die sogenannte Feeninsel war mit keinem Ort des Multiversums zu vergleichen. In Broceliande herrschte eine ähnliche Vielfalt an Fabelwesen wie hier, aber der Zaubergarten war total anders aufgebaut. Egal, wohin man in Broceliande ging, überall bemerkte man die enge Bindung des Gartens an Merlin Ambrosius, selbst vier Jahre nach dessen Tod.

Auf Avalon war das anders. Auch hier gab es magiebegabte Wesen, aber die Insel zwischen den Zeiten besaß eine eigene Aura. Wer sich einmal an diesem Ort aufhielt, der erkannte ihn sofort wieder.

Eine Horde Einhörner raste mit ungeheurer Geschwindigkeit unter Tarunja auf einer Lichtung dahin, einem Bach entgegen. Die Fabelwesen verzögerten ihr Tempo nicht, sondern stürzten sich in das erfrischende Nass.

Der Flug ging weiter, Tarunja bekam einen besonders abgegrenzten Bereich zu sehen. Dort stand ein prachtvoller Säulentempel, um dessen Vorbau sich attraktive Frauen aufhielten, die in edle Gewänder gekleidet waren. Wunderschöne Frauen, die überall aufgefallen wären ob ihrer Anmut und ihrer sinnlichen Ausstrahlung.

Die Priesterinnen von Avalon!

Valantia, die Nachfolgerin der unvergessenen Onda als oberste Priesterin, hatte von der Herrin vom See, der Beherrscherin der Insel zwischen den Zeiten, den Befehl erhalten, Avalon besser zu bewachen. Es sollte Eindringlingen unmöglich gemacht werden, auf der Insel anzukommen.

Welcher Art diese Eindringlinge waren, hatte die Herrin vom See nicht gesagt. Ebenso wenig, wie sie eine Erklärung über die Wetterveränderung in großen Teilen Avalons ablieferte.

Tarunja gab ihren Untergebenen ein Zeichen. Ihr Trupp, der insgesamt aus zehn Kriegerinnen bestand jede auf dem Rücken ihres Flugsauriers , flog näher an den Rand ihrer bekannten Welt. Hier brodelte das Meer, der Nebel wurde so dicht, dass sie nichts mehr erkennen konnte.

Das allein hätte Tarunja nicht aufgehalten weiterzufliegen. Aber hier befand sich die unsichtbare Grenze, die nicht überschritten werden konnte.

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