Krock & Co by Friedrich Glauser & Friedrich

Krock & Co by Friedrich Glauser & Friedrich

Autor:Friedrich Glauser & Friedrich [Glauser, Friedrich]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Mystery & Crime
Herausgeber: MOST Publishing


Langsam, ganz langsam faltete Studer den Brief wieder zusammen und steckte ihn in die Tasche. Er trat ans Bett, stützte die Fäuste in die Hüften und blieb in dieser Haltung lange stehen. Sein Blick ruhte auf dem bleichen Gesicht der Frau und enthielt eine dringende Frage.

Der ermordete Jean Stieger trug zweitausend Franken bei sich vorgestern abend… Hatte er das Geld der Wirtin abgegeben? Wenn man Schlüsse ziehen durfte, so war dies nicht geschehen – hätte das Anni sonst, am Sonntagmorgen, mit dem soeben angekommenen Joachim Krock eine so eifrige Diskussion geführt?

Schade, daß das Anni nicht aufwachen wollte. So viele Fragen hatte man an die Frau zu stellen – und es war doch einigermaßen Hoffnung vorhanden, daß die Fragen diesmal wahrheitsgemäß beantwortet würden. Studer lächelte zaghaft und verlegen, denn es wurde ihm klar, daß er die Zusammenkunft auf der Bank, gestern abend, unter dem Blätterdach der Linde, nicht zum Zwecke des Tröstens und zur Auferweckung einer längst vergangenen Freundschaft benutzt hatte – sondern daß sie auch ein diplomatischer Schachzug gewesen war: er wollte eine Verbündete gewinnen, auf die er sich verlassen konnte. Er fragte sich, ob ihm dies gelungen war – aber um dies ganz sicher zu wissen, mußte er das Erwachen der Frau abwarten…

Leise schiebt der Wachtmeister die Schublade des Nachttisches zu. Und während er einen letzten Blick auf die Schachtel mit den Kampferampullen wirft, beschäftigt ihn ein neues Rätsel: Warum hat das Anni Rechsteiner dieses Mittel, das nur in Notfällen gebraucht wird, neben ihrem Bett und so leicht auffindbar bereitgelegt? Noch dazu mit allem, was zu einem raschen Eingriff nötig ist: mit Äther, Watte, Pravazspritze?

Eine einfache Antwort läßt sich darauf geben: Nebenan liegt ein kranker Mann, es ist bekannt, daß bei Schwindsucht im letzten Stadium das Herz oft aussetzt. Aber… Alle anderen Medikamente stehen drüben auf dem Nachttischli. Alle – mit Ausnahme dieses Mittels… Sieht es nicht aus, als habe das Anni den Kampfer für sich parat gestellt? Leidet die Frau an einer Herzkrankheit?

Oder…

Oder hat die Wirtin erwartet, was heute eingetreten ist?

Langweilig, langweilig, daß die Frau immer noch schläft! Wachtmeister Studer beschließt, hinab in die Küche zu steigen und dort einen sehr starken schwarzen Kaffee zu bestellen. Aber eins ist ihm unangenehm. Er hat nicht den Mut, durch das Krankenzimmer des Rechsteiners zu gehen. Gibt es keinen andern Ausgang aus dem Zimmer?… Merkwürdig, auch in diesem Schlafzimmer hat es eine Tapetentür. Sie ist nur mit Mühe zu entdecken, denn sie hat keine Klinke. Ein Schlüssel steckt im Schloß, Studer dreht ihn, die Tür geht auf. Wie er sie dann, im dunklen Gang draußen stehend, schließen will, bemerkt er, daß auch hier keine Klinke vorhanden ist. So fest schließt sie sich, daß die Ritzen nicht wahrzunehmen sind in dem braunen Ölanstrich, der die Wände überzieht… Aber merkwürdig, man braucht nur ganz leicht gegen die Füllung zu drücken, dann geht sie lautlos auf… Eine merkwürdige Türe…

Plötzlich überfällt den Wachtmeister die Müdigkeit der durchwachten Nacht. Mit schweren Schritten geht er die Treppe hinunter – seine Augen brennen und schwer dünkt ihn sein Kopf.



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