Kommissar Seifferheld Bd. 1 - Kreuzstich, Bienenstich, Herzstich by Tatjana Kruse

Kommissar Seifferheld Bd. 1 - Kreuzstich, Bienenstich, Herzstich by Tatjana Kruse

Autor:Tatjana Kruse
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2009-07-03T22:00:00+00:00


4. Kapitel

Flipper lebt!

»Mein Gott, wie entsetzlich! Dagegen muss es doch ein Gesetz geben!«

Die Passantin, aschfahl im Mittsechzigergesicht, wandte sich rasch ab und hastete weiter in Richtung Marktstraße.

»Verschließen Sie nicht die Augen vor der Wahrheit!«, rief Karina ihr hinterher. »Versetzen Sie sich doch mal in die Lage der Tiere!«

Woraufhin die Frau noch schneller hastete. Ihrem Rücken meinte Karina anzusehen, dass sie in wenigen Minuten zwei Pfund Schweinehack im Laden der Bäuerlichen Erzeugergenossenschaft kaufen würde.

»Würden Sie auch Flipper essen? Oder Lassie? Oder Black Beauty? Nein? Dann lassen Sie gefälligst auch Schweinchen Babe am Leben!«, brüllte Karina dem entschwindenden Rücken nach.

Karina schmollte.

Und fröstelte.

Es war Viertel vor neun. Zusammen mit ihren Freundinnen Julia und Tiffi von Peta lag sie im Bikini auf dem Milchmarkt.

Mit Kunstblut überschüttet.

Unter einem Transparent mit der Aufschrift: Wir sind alle aus Fleisch!

Nur Sarah-Marie war vollständig bekleidet und wachte am Stand über die Peta-Flyer und diverse Schau-Schalen mit Zellophanhüllen. »So könnte im Supermarkt verkauftes Menschenfleisch aussehen!«, rief sie in unregelmäßigen Abständen niemand Besonderem zu.

Karina und die beiden anderen froren sich die jeweiligen Gesäßpartien ab. Wie man eben friert, wenn man weitgehend nackt – von der üppigen Kunstblutkörpermalerei einmal abgesehen – in übergroßen Fleischschalen lag, ebenfalls mit Zellophan überspannt. Auf übergroßen Preisschildern prangte die Mahnung: Milliarden Tiere werden gequält und grausam getötet, nur weil Sie Fleisch essen!

Diese Tatsache musste man den hirnlosen Konsumenten einfach auf drastische Weise ins Gedächtnis rufen, auch wenn manche der vorbeieilenden Konsumenten die Aktivistinnen mit Blicken bedachten, als wollten sie sich deren Gesichter für eine besonders unangenehme Methode der Ausrottung merken. Karina kam sich schon nach zwölf der geplanten hundertzwanzig Aktionsminuten wie ein räudiges Nagetier vor, dessen sich die Haller lieber heute als morgen entledigen wollten.

»Tiere bestehen wie wir aus Blut, Knochen und Fleisch«, rief Karina, weil es ihr wärmer vorkam, wenn sie zumindest die Stimmbänder bewegte. »Sie haben wie wir Ängste und Gefühle!«

Niemand achtete auf sie.

»Tiere sind auch nur Menschen!«, brüllte sie tapfer noch einen Tick lauter. Die Frühstücksgäste drüben im Salzwerk guckten genervt.

Im Landkreis Schwäbisch Hall befanden sich die beiden größten Schlachthöfe ganz Baden-Württembergs. Da war es jedem ehrlichen Tierschützer oberste Pflicht, öffentlich Stellung zu beziehen.

Ort und Zeit waren perfekt gewählt: Es war Samstag und an diesem Platz kamen so gut wie alle Haller vorbei, die auf den Wochenmarkt wollten.

Allerdings wünschte sich Karina, dass nicht Sarah-Marie, sondern sie beim Losverfahren verloren hätte – dann könnte sie jetzt in ihrem neuen rosa Häkelkleid am Stand stehen und Flyer über die Grausamkeit der Tierhaltung und der Tiertransporte sowie über die Gewalt in Schlachthäusern verteilen und müsste nicht frierend herumliegen. In der Nacht hatte es Bodenfrost gegeben. Und Zellophan hielt längst nicht so warm, wie man denken könnte. Karina meinte spüren zu können, wie ihr das Kunstblut förmlich auf der Haut gefror.

Reiß dich zusammen, du Weichei, schalt sie sich selbst. Die toten Tiere haben es auch nicht besser! Sei doch froh, dass du noch lebst und frieren kannst!

»Ich kann meine Beine nicht mehr spüren«, flüsterte ihr Tiffi schlotternd aus der Fleischschale neben ihr zu. »Wie war das doch gleich



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