Im Schatten der goldenen Akazie: Australien-Roman (German Edition) by Christiane Lind

Im Schatten der goldenen Akazie: Australien-Roman (German Edition) by Christiane Lind

Autor:Christiane Lind [Lind, Christiane]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Eigenverlag
veröffentlicht: 2016-08-20T22:00:00+00:00


Kapitel 23

Amber’s Joy, Australien 1898

Ob sie jemals glücklich sein würde, fragte sich Victoria, als sie Wäsche im Gärtchen aufhängte. Eigentlich fragte sie sich das immer, aber heute drückte ihr Unglück sie besonders schwer. Vielleicht weil die Sonne so verlockend vom Himmel strahlte, vielleicht weil sie immer noch keine Antwort von Cat erhalten hatte.

„Victoria.“ Richard Chandler sprach sie leise an. Der hochgewachsene Verwalter stand vor ihr und drehte seinen Hut in den Händen. „Ich muss mit dir sprechen.“

„Lass mich nur die Wäsche aufhängen.“ Sie nickte ihm zu und bemühte sich, den Gedanken zu verschieben, was Richard wohl von ihr wünschte. So nervös hatte sie den Mann, den sie schon ihr Leben lang kannte, noch nie gesehen.

Der Verwalter nickte und trat einen Schritt zur Seite. Victoria musterte ihn aus dem Augenwinkel. Groß und schlank war er. Ein Mann, dem man ansah, dass er viel Zeit in der Sonne zubrachte. Deren Licht hatte sein hellbraunes Haar ausgeblichen und ließ seine blauen Augen verwaschen wirken. Seltsam, dachte Victoria, dass so ein attraktiver Mann noch keine Frau gefunden hatte. Sie lächelte ein wenig. Immer wieder hatte sie Gerüchte gehört, dass einige Mädchen der Nachbarfarmen oder aus Marburg versucht hatten, Richard einzufangen, aber wie ein unzähmbarer Brumby war er ihnen entkommen.

Vielleicht besser für ihn, dachte Victoria. Eine Heirat war nicht unbedingt etwas Gutes. Hatte sie anfangs noch die leise Hoffnung gehegt, dass der schreckliche Beginn ihrer Ehe nur auf den übermäßigen Rumkonsum ihres Ehemanns auf der Hochzeitsfeier zurückzuführen war, so hatte sie in den vergangenen Monaten erkennen müssen, dass ihre Ehe nicht besser werden würde. Luke liebte sie nicht. Das hatte Victoria auch nicht erwartet. Für sie war die Heirat ein Vertrag, den sie beide einzuhalten hatten. Er bekam Amber’s Joy und sie bekam ein Kind. Jemand, den sie lieben, für den sie sorgen konnte.

Bisher jedoch war sie nicht schwanger geworden, obwohl Luke sich beinahe jede Nacht ihres Körpers bemächtigte. „Wenn du dich nicht so anstellst, wird es dir irgendwann gefallen“, hatte er Victoria eines Nachts angeschnauzt, als sie leise weinend neben ihm gelegen hatte.

Gerne hätte sie ihm ihren Zorn, ihre Verletztheit, ihre Enttäuschung mit passenden Worten entgegengeschleudert, aber sie wagte es nicht. Schließlich trug sie selbst Schuld an ihrem Unglück. Sie hätte eben nicht den Mann heiraten sollen, den ihre kleine Schwester liebte. Victoria hatte all den Kummer, den ihre Ehe mit sich brachte, verdient, weil sie Catherine verraten hatte. Sie stieß einen Seufzer aus.

„Victoria?“

„Schon gut. Einen Augenblick noch.“

Mit heißen Wangen beugte sich Victoria über den Korb, der ihre Wäsche enthielt und hängte das letzte Laken auf. Sie atmete tief durch und wandte sich zu dem Verwalter um.

„Möchtest du etwas Limonade? Oder ein Bier?“

„Für Bier ist es noch etwas früh.“ Richard Chandler lächelte, wobei sich feine Fältchen um seine Augen bildeten. „Limonade wäre gut.“

„Auf der Veranda?“

Richard nickte. Wie alt war er? Ende Dreißig, vielleicht. Warum hatte sie nicht ihn geheiratet? Einen freundlichen Mann, dem Amber’s Joy genauso viel bedeutete wie ihr. Zu spät. Victoria schüttelte den Kopf über ihre wandernden Gedanken. Was nützte es sich



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