Ikarus by Alberto Vázquez-Figueroa

Ikarus by Alberto Vázquez-Figueroa

Autor:Alberto Vázquez-Figueroa [Vázquez-Figueroa, Alberto]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


Die Wolken wurden dichter.

Mit ihnen kam der Regen.

Wolken und Regen spiegelten die Seele des Berglandes von Guayana. Eine Seele, die sich scheinbar nur von Wasser und dem verhangenen Himmel ernährte, um anschließend einen stickigen, feuchten Dunst auszustoßen, der rasch aufstieg und den Himmel, der für kurze Zeit leuchtend blau und sauber gewesen war, erneut verdunkelte.

Es kam einem vor wie das Ausdehnen und Zusammenziehen eines riesigen Herzmuskels, der sich niemals eine Pause gönnte.

Es war eine trostlose und zugleich enorm faszinierende Landschaft.

Wasser, das vom Himmel fiel, und Wasserdampf, der vom durchnässten Boden zum Himmel aufstieg.

Ruhige Flüsse, die sich urplötzlich in reißende Ströme verwandelten.

Tafelberge, die häufig nicht größer waren als ein paar Fußballfelder, aber so viel Wasser aufnehmen mussten, dass sie gewaltige Wasserfälle hervorbrachten.

Spiegelglatte Lagunen.

Seltene Fische.

Grausame Piranhas.

Kuriose Seekühe, die stets auf der Hut waren und nur für kurze Augenblicke an die Wasseroberfläche kamen, um Luft zu holen.

Weiße Reiher.

Rote Ibisse.

Schwarze Wildenten.

Und eine erdrückende Schwüle.

Jeden Morgen starteten sie bei Sonnenaufgang und flogen so lange, bis dichte Wolken oder das Stottern des Motors, der seinen Geist aufzugeben drohte, sie zur Landung zwangen.

Dann verstrichen ein, zwei oder drei Tage, einmal sogar eine ganze Woche, ohne dass sie abheben konnten, weil dichter Nebel über der Landschaft hing.

Es war zum Verzweifeln.

Eintönig und deprimierend.

Jimmie Angel und Dick Curry hatten einen verhängnisvollen Fehler begangen, als sie Mitte Juni in diese Gegend gekommen waren. Es war Winter, so seltsam dies auch anmuten mochte, und die hohen Temperaturen und sintflutartigen Regenfälle führten zu der intensiven, anhaltenden Verdampfung.

Doch bis September konnten sie auf keinen Fall warten.

Die Zeit lief ihnen davon.

Und mit ihr das Geld.

Zweimal mussten sie nach Ciudad Bolívar fliegen, um die Maschine aufzutanken, die Reservekanister aufzufüllen und Proviant zu kaufen. Ein Monat war vergangen, aber sie hatten nicht einmal ein Zehntel des Gebietes erforscht, wo sich laut Aussage des Schotten der Heilige Berg befinden musste.

Wasser, Wolken und Dampf…

Und ein überlasteter Motor.

Sie saßen unter der sich allmählich auflösenden Plane, die sie an die Tragfläche der alten Maschine gespannt hatten, und schlugen die Zeit tot. Von Tag zu Tag wurde es schwerer, gegen die Enttäuschung und Verbitterung anzukämpfen, die sich mehr und mehr in ihre Herzen fraß, als ihnen ihr klägliches Scheitern bewusst wurde.

Es war einfach entmutigend, wenn nach einem wolkenverhangenen, verregneten Tag gegen Abend plötzlich alle Wolken verschwanden und der Himmel so klar leuchtete, dass sie Tausende von Kilometern entfernt die Krater auf dem Mond deutlich erkennen konnten.

»Wir haben nur noch eine Woche.«

»Ich weiß.«

»Was willst du tun?«

»Es gibt nicht viel, was ich tun könnte. Diese Kiste hat alles gegeben, was in ihr steckt; ich glaube nicht, dass sie den Rückflug überstehen würde. Deshalb habe ich mir überlegt, dass wir sie in Ciudad Bolívar lassen und mit dem Schiff zurückfahren. Später könnten wir es noch einmal versuchen. Wir müssten eine Achse, einen Propeller und ein neues Fahrwerk mitbringen.«

»Und du meinst, dass sich das lohnen würde? Die Maschine ist doch nur noch ein Wrack.«

»Da hättest du die Bristol Piper sehen müssen, mit der ich auf dem Tafelberg gelandet bin!«, rief Jimmie. »Dagegen ist diese hier das neueste Modell.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.