Ich will das Leben küssen! by Schreinemakers Margarethe

Ich will das Leben küssen! by Schreinemakers Margarethe

Autor:Schreinemakers, Margarethe
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: adeo
veröffentlicht: 2015-09-28T16:00:00+00:00


Nach dem Todeserlebnis im Krankenhaus in Aachen: „Ich lebe!“

© privat

Mitchell Krucoff hat an der Duke University in North Carolina, wo er arbeitete, fünfzehn Jahre lang die Krankengeschichten von Herzpatienten beobachtet. Später dann auch an neun weiteren Krankenhäusern in ganz Amerika. Seine aufsehenerregende Studie zeigte, dass Patienten, für die zusätzlich zur normalen Behandlung gebetet wurde, die eindeutig besseren Heilungschancen hatten. Für mich liegt das auf der Hand: Wenn es dir dreckig geht und du spürst, dass da Menschen sind, die dich nicht allein lassen, die sich für dich einsetzen, dann macht dich das stark. Ich glaube auch, dass es viel mehr gibt als das, was man sehen kann. Und ganz wichtig: Wenn du selbst nicht aufhörst, an etwas zu glauben, dann bekommst du wieder Zuversicht und mehr Vertrauen in dich selbst.

* * *

Schnell war ich wieder ganz die Alte. Aus der normalen Station habe ich als Erstes meinen allerbesten Freund Andreas angerufen: „Du musst kommen, du musst mir die Haare machen! Ich sehe so elend und so daneben aus.“ Er schnappte sich sein Köfferchen und kam eilends von Düsseldorf nach Aachen. 75 Kilometer, um mir, dort im Krankenhaus, die Haare zu machen. Aber erst mal musste ich duschen! Wenn du schon mal ein paar Tage im Krankenhaus gewesen bist, dann weißt du, wie sehr man sich nach einer Dusche sehnt. Ich hab keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, mich unter die Dusche zu stellen, wie ich mir die Haare gewaschen habe. Aber es klappte.

Mit perfektem Timing traf Andreas ein. Das war ganz wunderbar. Ich mag ihn so sehr. Andreas ist ein super Typ und dazu der beste Friseur der Welt. Und dann kam ein Pfleger um die Ecke und sah, wie Andreas mir schwungvoll die Haare föhnte. Der Pfleger bekam riesige Augen und stammelte nur: „Ich glaub es nicht, ich glaub es nicht.“ Der Anblick eines Friseurs auf seiner Herzstation war sicherlich neu für ihn.

Je mehr ich wieder zu Kräften kam, desto mehr wurde das Krankenhaus zu meiner Bühne, die ich mit Leben füllen wollte: Mit meinen 50 Jahren war ich hier fast noch ein junger Hüpfer. Das Durchschnittsalter war hoch. Normalerweise liegen deshalb dort alle ruhig in ihren Betten. Alles wird penibel kontrolliert: Herzschlag, Blutdruck, wie viel Pipi du gemacht hast. Du bist an eine ganze Batterie von Monitoren angeschlossen. Und macht irgendeines deiner Geräte „ting-ting-ting“, dann rennt das Personal auch gleich schon besorgt los.

Dieses Rumliegen ist eindeutig nichts für mich. Allmählich konnte ich aber erahnen, wie viel Glück ich gehabt haben musste: dass ich mit Jean-Marie zusammen gewesen war, dass ich nicht alleine umgekippt war, als ich im Keller die Buntwäsche in die Maschine stopfte. Da unten, neben meiner Waschmaschine, hätte ich ganz locker ein paar Stunden liegen können, bevor auch nur einer überhaupt nachgeschaut hätte, wo ich denn bleiben würde.

Mein ohnehin immer großer Bewegungsdrang schraubte sich hier auf dieser Station in ungeahnte Höhen. Ich benahm mich wie ein gedoptes Eichhörnchen. Und das lag nicht nur an den Medikamenten, die einem sicherlich eine gewisse Fröhlichkeit garantieren. Ich war einfach nur super happy, weil ich leben durfte.



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