Hippie Trails - Reiselegenden und ihre Geschichte by Detlef Fritz

Autor:Detlef Fritz [Fritz, Detlef]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Hippie, Globetrotter, Individualreisende, Orient Express, Route 66
veröffentlicht: 2016-01-21T16:00:00+00:00

Reiseknigge

Keine Politik, wir haben Urlaub!

Ganz schön mutig, wie der vietnamesische Reiseleiter gegenüber den Gästen mit leicht ironischem Unterton das politische System seiner Heimat aufs Korn nimmt: „Bei uns sind Wahlen nicht so spannend wie bei Ihnen. Hier steht das Ergebnis vorher fest.“ Auch der Mitarbeiter der kubanischen Tourismusagentur zeigt sich scheinbar unerschrocken und warnt die Besucher: „Hier muss man auch auf der Straße aufpassen, was man sagt. Es wird alles videoüberwacht und abgehört.“ Haben wir es bei diesen Tourismusbeschäftigten vielleicht sogar mit Vertretern der Opposition zu tun?

Möglicherweise stehen sie ihrer Regierung kritisch gegenüber, so wie viele gut ausgebildete andere Fachkräfte auch, die sich für ihr Leben mehr Freiheiten wünschen. Aktive Oppositionelle sind sie deshalb noch lange nicht – und wenn, würden sie mit Sicherheit nicht ihre verhältnismäßig gut bezahlte Position aufs Spiel setzen, nur, um ein paar Touristen zu agitieren. Aber sie wissen natürlich, wie man in den Herkunftsländern der Touristen über ihr Land denkt, vermuten so, was ihre Gäste hören wollen, lassen sich dann darauf ein. Das ist professionell, aber nicht oppositionell.

Also: Nehmen Sie solche vermeintlich regierungskritischen Bemerkungen bloß nicht zum Anlass für eine politische Diskussion. Antworten Sie vielleicht mit einer nicht allzu verfänglichen Bemerkung, stellen eine nicht allzu verfängliche Nachfrage – oder ignorieren das Ganze, wechseln das Thema. Allenfalls, wenn keine anderen Einheimischen und auch niemand sonst aus der Reisegruppe in unmittelbarer Nähe ist, können Sie eine detailliertere Nachfrage stellen, auch eine eigene Position äußern. Aber auch da gilt, wie generell bei allen

Kontakten zu Einheimischen: Zwingen Sie niemals eine politische Diskussion auf, bringen Sie Ihren Gesprächspartner nie in eine Situation, in der er gezwungen wäre, Haltung zu beziehen.

Umgekehrt: Dass Sie ein Fremdenführer mit Propaganda für seine Regierung überzieht, ein ständiges Loblied auf das autoritäre Regime singt, müssen

Sie auch nicht hinnehmen. Da sagen Sie einfach, dass Sie das anders sehen, lieber in einer Demokratie leben – und ansonsten im Urlaub wären und von Politik nichts hören wollen.

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