Herr Puntila und sein Knecht Matti by Brecht Bertolt

Herr Puntila und sein Knecht Matti by Brecht Bertolt

Autor:Brecht, Bertolt [Brecht, Bertolt]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2015-06-07T16:00:00+00:00


8

Finnische Erzählungen

Distriktstraße. Es ist Abend. Die vier Frauen auf dem Heimweg.

DIE SCHMUGGLEREMMA Wie soll eins wissen, in welcher Laun man sie grad antrifft. Wenns gut gesoffen haben, machens einen Witz und kneifen einen wer weiß wo und man hat seine Müh, daß sie nicht gleich intim werden und rein in Himbeerstrauch, aber fünf Minuten danach ist ihnen was über die Leber gekrochen und sie wollen am liebsten die Polizei holen. In meinem Schuh muß ein Nagel herausstehen.

DIE TELEFONISTIN Die Sohle ist auch ab.

DAS KUHMÄDCHEN Er ist nicht für fünf Stunden Distriktstraße gemacht.

DIE SCHMUGGLEREMMA Ja, ich hab ihn kaputt gelaufen. Er hätt noch ein Jahr halten sollen. Ich bräucht einen Stein. Alle setzen sich, und sie klopft den Nagel im Schuh nieder. Wie ich sag, man kann die Herren nicht berechnen, sie sind bald so, bald so und dann wieder so. Die Frau vom vorigen Polizeimeister hat mich oft mitten in der Nacht holen lassen, daß ich ihr die geschwollenen Füß massier, und jedesmal war sie anders, je nachdem, wie sie mit ihrem Mann gestanden ist. Er hat was mit dem Dienstmädchen gehabt. Wie sie mir einmal Pralinees geschenkt hat, hab ich gewußt, daß er das Ding weggeschickt hat, und kurz darauf hat er sie, scheint’s, doch wieder aufgesucht, denn sie hat sich um alles in der Welt, wie sehr sie sich auch den Kopf zerbrochen hat, nicht erinnern können, daß ich sie zehnmal im Monat und nicht nur sechsmal massiert hab. Ein so schlechtes Gedächtnis hat sie plötzlich gekriegt.

DAS APOTHEKERFRÄULEIN Manchmal haben sie auch ein langes. Wie der Amerikapekka, der ein Vermögen gemacht hat drüben und zu seinen Verwandten zurückgekehrt ist nach zwanzig Jahren. Sie waren so arm, daß sie von meiner Mutter die Kartoffelschalen bettelten, und wie er sie besucht hat, haben sie ihm einen Kalbsbraten vorgesetzt, damit er gut gelaunt würd. Er hat ihn gegessen und erzählt, daß er der Großmutter einmal zwanzig Mark geliehen hat, und hat den Kopf geschüttelt, daß es ihnen so elend geht, daß sie nicht einmal ihre Schulden zurückzahlen können.

DIE TELEFONISTIN Die verstehen’s. Aber von etwas müssen sie ja reich werden. Ein Gutsherr aus unserer Gegend hat sich von seinem Häusler in einer Nacht im Winter 1908 übers Eis vom See führen lassen. Sie haben gewußt, daß im Eis ein Riß war, aber nicht wo, und der Häusler hat vorausgehen müssen die zwölf Kilometer. Dem Herrn ist angst geworden und er hat ihm einen Gaul versprochen, wenn sie hinüberkommen. Wie sie in der Mitte gewesen sind, hat er wieder geredet und gesagt: Wenn du durchfindest und ich brech nicht ein, kriegst du ein Kalb. Dann hat man das Licht von einem Dorf gesehn und er hat gesagt: Gib dir Müh, damit du dir die Uhr verdienst. Fünfzig Meter vom Ufer hat er noch von einem Sack Kartoffeln gesprochen, und wie sie da waren, hat er ihm eine Mark gegeben und gesagt: Lang hast du gebraucht. Wir sind zu dumm für ihre Witz und Tricks und fallen ihnen immer wieder herein. Warum, sie schauen aus wie unsereiner und das täuscht.



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