Gottesopfer (epub) by Tanja Pleva

Gottesopfer (epub) by Tanja Pleva

Autor:Tanja Pleva [Pleva, Tanja]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783492951135
Herausgeber: Piper Verlag
veröffentlicht: 2011-10-28T23:14:42+00:00


29

HAMBURG

In Hamburg hatte es sich mal wieder so richtig eingeregnet. Der Schnee war verschwunden, dafür goss es wie aus Eimern. Der Himmel war grau, ebenso wie die Straßen und Häuser. Alles schien ineinander überzugehen. Dazu wehte ein kalter Nordostwind, der bis unter die Haut ging. Sam und Juri waren noch am gleichen Tag zurück nach Hamburg gefahren und dort direkt vom Bahnhof zum Polizeipräsidium, um telefonisch ein paar Dinge zu klären.

Gemeinsam saßen sie unter der nackten Glühbirne in ihrem Büro, und während Juri das Aufnahmegerät abhörte, telefonierte Sam mit dem Bischofsamt in Freiburg, wo er einen freundlichen Sekretär erreichte. Dieser teilte ihm mit, dass man die Mönche aus dem Kloster in Günterstal auf mehrere Einrichtungen in ganz Deutschland verteilt habe. Wo genau sie untergebracht worden waren, könne er herausfinden, allerdings würde das einige Zeit in Anspruch nehmen. Über den ehemaligen Prior war der Mann jedoch im Bilde. Er war in ein Hospiz in der Nähe gebracht worden, weil er nach seinem Schlaganfall auf tägliche Pflege angewiesen war. Sam ließ sich die Nummer des Hospizes geben und wollte gerade wählen, als sein Handy klingelte. Er hörte zu, ohne ein Wort zu sagen. Dann legte er auf und steckte zitternd das Handy in seine Tasche. Er gab Juri ein paar Instruktionen, legte ihm die Nummer der Familie Ingelheim in Salzburg hin und eilte davon.

Er hatte gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, sie mit nach Hamburg zu nehmen. Die ganze Fahrt über machte er sich bittere Vorwürfe.

Als Sam im Hotel ankam, sah ihn die Dame an der Rezeption eisig an, als wäre er ein Verbrecher. Sie rief den Manager, der Sam in den dritten Stock zu Lilys Zimmer begleitete.

»Es tut mir sehr leid, aber wir mussten heute Nacht die Polizei rufen. Als sie sie gesehen haben, haben sie Ihre Schwester direkt nach Ochsenzoll gebracht.«

»Ochsenzoll?«

»Na ja, in die Klapsmühle.«

Der Mann war nicht besonders taktvoll. Leichter Ärger stieg in Sam auf, als der Manager die Tür öffnete und Sam schlagartig das ganze Ausmaß des Vorfalls bewusst wurde.

»Sie werden verstehen, dass wir die Renovierung des Zimmers auf Ihre Rechnung setzen müssen«, sagte der Manager.

Von den Wänden starrten Sam verzerrte schwarze Fratzen an. Direkt über das Bett hatte Lily ein großes schwarzes Auge gemalt. In ihrer Vorstellung hatte es sie wahrscheinlich beobachtet.

»Wahrscheinlich war ihr Block voll«, meinte Sam trocken und begutachtete weitere Schäden im Zimmer.

»Finden Sie das etwa komisch?« Der Hotelmanager war sichtlich entrüstet und blieb dicht hinter Sam.

Auf dem Bett lag nur noch die nackte Matratze, auf der Teile eines Sternes zu erkennen waren, den Lily mit schwarzer Kohle gemalt hatte. Um das Bett herum standen etwa zwanzig weiße Kerzen. Wusste der Himmel, woher sie die hatte, aber einige davon waren umgefallen und wohl die Ursache für die großen Brandlöcher im Teppich. Offenbar hatte der Rauch die Sprinkleranlage ausgelöst, die den Teppich unter Wasser gesetzt hatte. Oder das Wasser kam aus der Badewanne, überlegte Sam, der inzwischen ins Bad gegangen war und sah, dass die Wanne bis zum Rand gefüllt war. Die gesamte Bettwäsche lag darin, und dunkle Haarsträhnen schwammen auf der Wasseroberfläche.



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