Gebrauchsanweisung für Populisten by Heribert Prantl

Gebrauchsanweisung für Populisten by Heribert Prantl

Autor:Heribert Prantl [Prantl, Heribert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Red Bull
veröffentlicht: 2017-03-15T00:00:00+00:00


Leitfiguren und Unpersonen

Man sollte meinen, dass eine Partei, die in der Provinz Erfolg hat, ein populäres Gesicht haben muss, das Gesicht eines Orbáns oder eines Trumps, die sich als Retter gerieren. Bemerkenswert ist daher, dass in Deutschland die AfD ohne eine echte Spitzenfigur reüssiert. Warum? Man hat immer gewusst, dass es in der Bundesrepublik fremdenfeindliche Einstellungen bei bis zu zwanzig Prozent der Bevölkerung gibt – so wie in anderen EU-Ländern auch, in denen sich Rechtsaußen-Parteien längst etabliert haben. In Deutschland glaubte man aber lange, dass dieser sogenannte Bodensatz ohne charismatische Führungsfigur nicht aktiviert werden kann. Die Leitperson, Le Pen in Frankreich oder Orbán in Ungarn, wird in Deutschland durch den zur Unperson erklärten »Flüchtling« ersetzt. Diese Unperson ist die Leitfigur der AfD geworden; sie hat das Flüchtlingsthema zur Generalmobilisierung genutzt. Im Westen der Republik ist diese AfD sehr rechts- und nationalliberal, man findet dort auch die Federn vom abgebrochenen rechten Flügel der CDU; im Osten der Republik ist die AfD radikaler, ja extremistisch, ist sie völkisch und rassistisch; sie ist dort eine revitalisierte NPD und zeigt ausgeprägte Verachtung für demokratische Regeln und Umgangsformen. Die NPD saß vor fünfzig Jahren, in ihren erfolgreichsten Zeiten, in sieben Landtagen; die AfD hat sie da schon weit überflügelt. Bedrohlich für eine liberal-aufgeklärte Gesellschaft ist die AfD nicht nur wegen der Wahlerfolge, sondern weil mit ihr der gesellschaftliche und politische Diskurs nach scharf rechts verschoben wird.

Die AfD gilt als ein Sammelbecken für rechtskonservative, rechtsradikale und rechtsextreme Kräfte. Man findet in der AfD die Mixtur aus Ethnoregionalismus, Rechtskonservativismus und Rechtsradikalismus, wie sie alle sogenannten rechtspopulistischen Parteien in Europa zusammenrühren. In der AfD ist das Mischungsverhältnis noch nicht ganz klar, dafür ist die Partei zu jung, die Mixtur ändert sich. Was heute Rechtskonservativismus mit rechtsradikalen Anteilen ist, kann sich morgen in Rechtsextremismus mit konservativen Anteilen verwandeln. Beispiele dafür gibt es in Europa genug.

Die AfD besteht derzeit eigentlich aus zwei Parteien: Die eine Partei ist eine sehr konservative, nationalbürgerliche Kümmerer-Partei, in der auch Aufwallung, Zorn und kleinbürgerlicher Aufstand Platz finden; diese Partei wird zusehends schwächer. Die andere Partei – sie wird zusehends stärker – ist ein völkischer Kampfverband, explizit fremdenfeindlich, nahe beim französischen Front National. Frauke Petry wird der Partei eins, also einem eher neu definierten Konservativismus zugerechnet; die derzeitigen Vizevorsitzenden Alexander Gauland und Beatrix von Storch zusammen mit dem thüringischen Landeschef Björn Höcke werden zu einer völkischen AfD gezählt. Höcke gefällt sich in Auftritten, die auch NPD-Anhänger begeistern können, und redet ganz unverhohlen rassistisch-völkisch daher. Gauland bemäntelt seine eigene Radikalität mit soignierter Gediegenheit; er zeigt sich auch gern mit dem wirtschaftsliberalen Jörg Meuthen, dem Co-Vorsitzenden der AfD und Fraktionschef im Stuttgarter Landtag. Meuthen gilt als das freundlich-bürgerliche Gesicht der AfD, ähnlich dem des gegen den Grünen-Politiker Alexander van der Bellen gescheiterten FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer in Österreich. Frauke Petry gibt sich aber zusehends radikaler und völkischer – offenbar um dem Schicksal zu entgehen, das ihr Vorgänger Bernd Lucke gefunden hat.

Wenn Luckes Schicksal auch Petry träfe, wäre sie das Opfer der von ihr selbst gerufenen Geister: Anfang Juli 2015



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