Gebrauchsanweisung für Australien by Remus Joscha
Autor:Remus, Joscha
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Reise
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-03-08T16:00:00+00:00
Ungeliebte Hauptstadt
Komplett auf dem Reißbrett entworfen, wird Canberra im Volksmund nur verächtlich city of the roundabouts genannt, die Stadt des ewigen Kreisverkehrs. Alles hier ist artifiziell, selbst der anfangs erwähnte See ist künstlich. Geplant wurde die Stadt vor über hundert Jahren, als sich Sydney und Melbourne heillos in den Haaren lagen und um die Vorherrschaft auf dem Kontinent stritten. Man entschloss sich, die Hauptstadt nicht am Meer, sondern in einer im Winter recht frostigen Gegend zu errichten, auf ödem Farmland und genau auf halber Strecke zwischen den verfeindeten Metropolen. Mit den Arbeiten begonnen wurde im Jahr 1913.
Eine von oben verordnete Stadt liebt man in Australien nicht, auch wenn die Bevölkerung sich seinerzeit in einem landesweit ausgeschriebenen Wettbewerb an der Namensgebung beteiligen durfte. Die eingereichten, teils völlig absurden Vorschläge ließen damals schon nichts Gutes erahnen. Wahrscheinlich hatte man sich die putzigen Stadtnamen bei ein paar Gläsern Bier im Pub ausgedacht, um sich über die zukünftige Hauptstadt lustig zu machen. Denn zu den 764 Vorschlägen zählten so groteske Namen wie Eros, Wheatwoolgold (Weizenwollegold), Opossum, Koalatown, Kangaremu (eine schrullige Mischung aus Känguru und Emu), Thirstyville (die durstige Stadt) und Sydmeladperbrisho (offensichtlich eine Mischung aus den Anfangssilben aller größeren australischen Städte).
Am Ende lag der Name Austral City mit sechs Stimmen vorn, aber irgendwie errang dann doch der Zweitplatzierte – Canberra – den Sieg, was letztlich aber auch nicht zu einem besseren Ansehen der Stadt beitragen konnte. Heute ist das Canberra bashing längst zu einer Gewohnheit, ja man könnte sagen, zu einem Sport all der Australier geworden, die nicht in dieser Stadt leben. Canberra sei die kälteste Stadt Australiens, heißt es, außerdem sei dort kaum mehr los als in einer Geisterstadt. Die gebildete Oberschicht der Hauptstadt arbeitet hauptsächlich in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Regierung und Verteidigung. In der Regel hat die meist männliche Bevölkerung einen Arbeitsvertrag von zwei bis fünf Jahren, wobei viele der alleinstehenden Männer sogenannte FIFOs sind, die ihre freien Tage vorzugsweise – fly in, fly out – in Sydney verbringen oder im Winter raus auf die nahen Skipisten der Snowy Mountains fahren. An den Wochenenden wirkt Canberra entsprechend verlassen – eine Geisterstadt eben, eine Geisterstadt mit Kreisverkehr.
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