Florian, das Pferd des Kaisers by Felix Salten
Autor:Felix Salten [Salten, Felix]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählung
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 1957-12-31T23:00:00+00:00
König Eduard kam nach Wien.
Major von Neustift befand sich im Gefolge des Kaisers, als dieser den König von England auf dem Bahnhof empfing. Am nächsten Vormittag erschien der König in der Hofloge der Spanischen Reitschule. Er nahm zwischen Franz Joseph und dem Thronfolger Platz, die beide österreichische Generalsuniform trugen. Eduard war in Zivil erschienen und sah vorbildlich elegant, sah, wie es der groÃen Eleganz immer gelingt, vorbildlich einfach aus. Franz Joseph wirkte, wie jedesmal, durch den abendlichen Glanz von Schönheit, der sein Haupt, seine hohe, schmale Gestalt umschimmerte. Eduards behaglich füllige Figur, sein groÃes und kluges Gesicht, der dunkle Vollbart, den weiÃe Haarbüschel durchblitzten, bildeten dazu einen starken Gegensatz. Aber der Eindruck, den die beiden Monarchen ausübten, war gleichmäÃig intensiv.
In dieser Gesellschaft hatte Franz Ferdinand es nicht leicht. Seine breite, etwas fette Figur verriet groÃe Kräfte, entbehrte jedoch der Vornehmheit. Sein Gesicht mit der niedrigen Stirn, den steil aufgekämmten Haaren, dem dicken, dunkelbraunen Unteroffiziers-Schnurrbart zeigte keine Spur von Geist, es verriet einzig gewalttätige Energie sowie unbeugsamen Eigensinn. Nur die elfenbeinblasse Gesichtshaut und der feste harte Blick der nachtdunklen Augen lieÃen die starke Persönlichkeit des Prinzen ahnen. Er war in der Hofloge neben den beiden Monarchen sicherlich der machtloseste Mensch und dennoch derjenige, der durch seine bloÃe Gegenwart Angst und Sorge verbreitete.
Stehend hatte die versammelte Gesellschaft das Eintreten der beiden Monarchen begrüÃt, die vom Thronfolger empfangen wurden, indessen hoch oben das hinter dem Stuckwappen versteckte Orchester »God save the King« spielte.
Eduard betrachtete den Raum eine Weile, ehe er sich setzte. »Herrlich«, sagte er zum Kaiser und wies mit der Hand hinaus, »diese MaÃe, dieser schlichte und doch groÃartige Schmuck, wirklich wunderbar!«
Franz Joseph lächelte.
»Fischer von Erlach, nicht wahr?« erkundigte sich Eduard, und Franz Joseph nickte.
»Ich kenne die Reitschule schon«, wandte sich Eduard an Franz Ferdinand.
Der staunte: »So? Wann waren Majestät hier?«
Eduard lächelte: »Als Wartender!« Er neigte sich zu dem Erzherzog: »Ich bin, wie du weiÃt, sehr lange Prinz von Wales gewesen. Sehr lange. Tröste dich, mein Lieber.«
Franz Ferdinand flüsterte: »Jawohl, Majestät, alles hat einmal ein Ende. Man muà es nur erleben!«
Fanfaren. Die Pferde erschienen, die Reiter leisteten den alten GruÃ, und das Spiel begann. Der König war begeistert und geizte nicht mit seinem Beifall. »Das ist magnifik!« rief er ein ums andere Mal. »Fabelhaft!«
Als Florian an die Reihe kam, rückte sich Eduard zurecht. »Ein Prachtexemplar! Und dieses Können! Dieses mühelose, meisterhafte Können!« Er schwieg keine Sekunde. »So etwas Anmutiges von einer Courbette! Entzückend! Der Hengst ist ein Genie!«
Franz Joseph sagte: »Den wollte ich dir zeigen! Zweihundert Jahre Zucht und Schulung!«
»Ja«, begeisterte sich Eduard, »anders ist so etwas auch nicht erreichbar!«
Franz Ferdinand lachte; seine gute Laune stieg. Die Zukunft gehörte ihm. Sie lag nahe, dicht vor seinen Augen, wie diese Arena hier. So weit war sie, so leer, so zu allem bereit, seine Zukunft. Und gleich der Zuschauermenge hier auf Balkon und Galerie harrte die Menschheit gespannt, in Furcht und Hoffnung der Taten, die er vollbringen würde, er, Kaiser Franz II. von Ãsterreich! Er lachte.
Da wurde Florian von Ennsbauer am losen Zügel hereingeführt. Der Schimmel in seinem blendenden Weià war fast nackt.
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